Die Benediktinerzeit
Pastor Siegfried Schunke schrieb in seinen Aufzeichnungen vom März 1990 zu den Klöstern vor und um Esens, dass es im Mittelalter zwei Doppelklöster gegeben habe. Dies waren die Prämonstratenser-Stifte "Oldekloster / Schoo" auf dem heutigen Gemeindegebiet von Moorweg und die Benediktinerklöster "Marienkamp / Pansath" im Bereich der Gemeinde Holtgast.
Die Lage der Klöster hat David Fabritius in seine Karte aus dem Jahre 1589 eingezeichnet.
Moorweg und Holtgast tragen aus diesem Grund Hinweise in ihren Gemeindewappen. Sie waren im Berichtszeitraum für die Geschichtsschreibung wohl noch nicht so bekannt. So wurde örtlich auf das damals schon viel bedeutendere Esens Bezug genommen, deren spätere Herren auch einen erheblichen Anteil an der weiteren geschichtlichen Entwicklung dieser Klöster hatten.
Die Gründung des Klosters erfolgte vermutlich im 12. Jahrhundert.
Aber über den genauen Ort und das genaue Datum darf gerätselt werden, denn es gibt weder Urkunden noch archäologische Untersuchungen, die uns darüber Auskunft geben können. In der ostfriesischen Geschichtsschreibung wird einige Male das Gründungsjahr 1190 genannt, weil man den niederländischen Klosterheiligen Hathebrand wohl für den Stifter dieses Klosters hält. In der von Fr. Ritter im JB der Gesellschaft für Bildende Kunst und Vaterländische Altertümer zu Emden, Bd. 20, S. 145 - 157 übersetzten und veröffentlichten Vita Hathebrandi ist ein Hinweis zu finden, dass Hathebrand sich zeitweilig im Klosters Meerhusen bei Aurich aufgehalten hat, nachdem er aus seinem Stammkloster "Oldekloster" in Feldwerth bei Holwierde (NL) geflohen war. Dort hatte es Zwistigkeiten mit den Klosterbewohnern gegeben. Durch den Umstand, dass das anfängliche Doppelkloster Meerhusen nur eine Tagesreise von den Klosterstandorten um Esens entfernt lag, besteht Grund zur Annahme, dass die Gründung der hiesigen Ordenshäuser von dort aus entweder durch Hathebrand selbst oder durch seine Getreuen erfolgte.
Von den Benediktinerstandorten Marienkamp / Esingerfelde, Pansath und Oldekloster bei Schoo dürfte das letztgenannte das Älteste sein. Bei diesem Kloster ist die Namensverbindung zum ältesten Kloster des Groningerlandes in Feldwerth auffällig, in dem der hl. Hathebrand in einer Auflistung der dortigen Äbte von 1183 bis 1198 als Klostervorsteher geführt wird.
Es gibt jedoch einen guten Grund für die Annahme, dass diese Klöster ebenfalls am Beginn des 13. Jh. entstanden sind. Während die küstenfernen Gebiete zu diesem Zeitpunkt nur spärlich besiedelt waren,
hatten sich auf dem Oldenburgisch-Ostfriesischen Geestrücken viele Bauernschaften gebildet, die sich auf den freien Flächen ausbreiteten. Zu den wenigen Ausnahmen gehörten damals noch das freie Feld westlich von Esens, auf dem das Kloster "Ezelingvelde" angesiedelt wurde und eine Senke zwischen Bauernschaften Fulkum, Utgast und Holtgast, wo später das Kloster Pansath entstand.
Vermutungen darüber, ob es vielleicht zuerst ein Vorgängerkloster im Stadtgebiet von Esens gab, müssen angezweifelt werden. Wir gehen davon aus (und glauben dies auch belegen zu können), dass Marienkamp gleich an der uns bekannten Stelle entstanden ist. Denn das ausgewählte Areal, welches heute noch noch die Flurbezeichnung Marienkamp trägt, hatte eine auffallend günstige Lage. Es lag auf einem verhältnismäßig sturmflutsicheren Geestrücken zwischen Esens und Holtgast. Im Süden gab es Wald- und Moorflächen und im Norden fruchtbare Marschböden. Dazu führte der alte Oldenburgisch-Ostfriesische Handels- und Heerweg am Kloster vorbei. Mit dem Tief "The" das später einmal in Erinnerung an das Kloster "Altes Klostertief" (heute "Benser Tief") umbenannt wurde, gab es zudem eine Wasserverbindung zur Nordsee, denn Bensersiel mit seinen Sieltoren gab es damals noch nicht.
Die Bezeichnung "The" für den Wasserlauf wurde lt. Hajo van Lengen (Das Harlingerland in der ostfriesischen Geschichte - Vortragsmanuskript S.2) von "Thing" abgeleitet. Er deutet in diesem Zusammenhang die Herkunftsbezeichnung des Gaus "Herloga" (Vorgängerbezeichnung des Harlingerlandes) in Zeiten der "Friesischen Freiheit" so, dass "Herlo" ein Ort an einem Sumpf war, wo sich sich die Männer aus dem Volke zu Versammlungen trafen. Nach seinen Recherchen hat sich dieser Ort an dem kleinen Fluß "The" in der waldreichen Umgebung westlich von Esens befunden. Herr van Lengen antwortete mir auf meine Anfrage, ob dieser Versammlungsplatz "Herlo" einen Einfluss auf den Klosterstandort von Marienkamp haben könne: .... „Im übrigen scheint mir für die Ortswahl von Marienkamp als "Landeskloster" die Nähe des Versammlungsplatzes ausschlaggebend gewesen zu sein ...“
Über die Benediktinerzeit von Ezelingvelde gibt es keine Aufzeichnungen.
Da alle geschichtlichen Berichterstatter bislang davon ausgehen, dass anfangs die Mönche in Ezelingvelde / Marienkamp und die Nonnen in Pansath lebten, will ich diesen Umstand zumindest in der Benediktinerzeit auch nicht anzweifeln. Schwerpunkte der Klosterbewohner, die meistens der einheimischen Bevölkerung entstammten, war die Ordensregel des heiligen Benedikt von Nursia (Italien). Dazu gehörten sowohl bei den Mönchen wie auch bei den Nonnen Gehorsamkeit gegenüber ihrem Abt (Äbtissin), Schweigsamkeit, Beständigkeit und Demut. Der größte Teil des Tages war dem gemeinsamen und persönlichen Gebet gewidmet. Die Arbeit wurde dazu als Ausgleich angesehen und in Handwerksstuben oder auf dem Felde verrichtet. Eine besondere Fähigkeit bestand darin, alte Handschriften abzuschreiben oder Bücher zu verfassen. In wieweit und zu welcher Zeit dies in dem über zweihundertjährigem Bestehen zwischen Esens und Holtgast zum Tragen kam, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall verdanken wir den Benediktinern insgesamt einen großen Teil der antiken Literatur. Sie widmeten sich aber auch der Geschichtsschreibung, doch davon ist bei uns aus dem Zeitraum bis 1420 nichts mehr aufzufinden.
Den Klosterinsassen wurde nachgesagt, dass sie eine gute Gastfreundschaft betrieben und Kranke sowie Arme in der Umgebung pflegten, die dafür wiederum andere Dienste bis in die jüngere Zeitrechnung für die Klöster verrichten mussten. Man darf auf jeden Fall davon ausgehen, dass durch ihre Lebensweise und durch ihr Wissen bzw. Wirken, viele positive Impulse auf das nähere Umfeld und somit auf Esens und Holtgast ausgingen. Unter Ihrem Fleiß werden die Klöster Ezelingvelde und Pansath gewiss auch eine Blütezeit gehabt haben. Denn die Gründung weiterer Vorwerke und Besitzungen in Margens und Nordorf könnten bereits auf ihre Schaffens- und Wirkenszeit zurückgehen. Die asketische Stränge hinter den Klostermauern verfiel aber im Laufe der Zeit stetig und somit gingen die bis dahin positiven Einflüsse auf die ganze Region, langsam verloren.
Nach den Benediktinern kamen auch andere Orden nach Ostfriesland
Am Beginn des 13. Jahrhundert entstanden auf ostfriesischem Gebiet weitere Klöster von unterschiedlichen Orden wie Zisterzienser, Prämonstratenser, Dominikaner, Johannieter u.v.m.. Dabei kam es auch zu Übertritten von Benediktiner in diese Orden wie im Falle von Meerhusen und Ihlow, wo man sich im Jahre 1228 den Zisterziensern anschloss. Ähnliches wird auch von den südwestlich von Esens gelegenen Oldekloster und dem Kloster Schoo angenommen.
Hier geht man von einem Übertritt zum Prämonstratenserorden aus, der in dem Zeitraum von 1235 bis 1287 erfolgt sein soll. Urkundlich belegt (Ostfr. UB Bd. 1, Nr. 1164) ist dazu eine Visitationsreise des Abtes vom Kloster Bloemhoff (Floridus Hortus) bei Wittewierum (NL). Der Visiator fand um 1290 im Kloster "Scona Mora" 20 Geistliche ohne Angabe über das Geschlecht vor. Bei einer Anfrage bei den Prämonstratensern zu diesen Klöstern erhielt ich als Antwort, dass es im Bistum Bremen zwischen den Klöstern Coldinne in der heutigen Gemeinde Großheide und Hopels bei Friedeburg im südlichen Kreis Wittmund ein Kloster Scona Mora gegeben habe, über das in den Ordenskatalogen einige Male berichtet wurde.
In dem Werk von Pater Norbert Backmund „Monasticon Praemonstratenser“ kam der Autor zu dem Ergebnis: "Es scheint uns wahrscheinlich, dass dieses „Oldekloster“ in Schoo unser SCONA MORA gewesen sein dürfte“. Die Ursache für seine Einschätzung war ein wundertätiges Marienbildnis, welches sich im Oldekloster befand und viele Gläubige aus dem norddeutschen Raum zu Marienwallfahrten veranlasste. Pater Backmund ist wohl davon ausgegangen, dass die Beata Maria Virgo (Virgo heißt Jungfrau, also die selige Mutter Maria) einst die Patronin dieses Klosters war und leitete davon eine Ordenszugehörigkeit ab.
Auch wenn gestandene ostfriesische Klosterkenner wie Hemmo Suur, Pastor Schunke oder Pfarrer Spichal ebenfalls davon ausgingen, dass das Oldekloster mit dem Kloster Schoo ein Doppelkloster bildete (die beiden Ordenshäuser waren nur 1 km voneinander entfernt) bleiben Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme. Denn um 1420 wurde das einstige Praemonstratenserkloster Schoo (abgeleitet von Scona Mora) von den Augustinern verlassen vorgefunden während das "Oldekloster" als Benediktinderstandort und einstiger Sitz den Konvents genannt wurde.
Die Klostergeschichte von Marienkamp und Pansath im 15. Jahrhundert.
In dem zu Ende gehenden 14. Jahrhundert waren die Verfallserscheinungen in den Klöstern und in der Kirche insgesamt nicht mehr zu übersehen, deshalb wurde der Ruf nach Reformen immer lauter. Dieses Übel versuchte die römische Kirche auf Reformkonzilien abzuwehren. Dabei war das Konzil von Konstanz (1414 - 1418) für die Klöster von großer Bedeutung. Auch in den Ordenshäusern um Esens waren die Mönche jener Zeit durch eigene Schuld in große zeitliche und geistliche Not hineingeraten. Die Zustände, wie sie damals in Ezelingvelde herrschten, beschrieb Hieronymus von Grest in seinen Denkwürdigkeiten von 1555 so: „Mangel an Volk und mengelnde Güter zwangen die Benediktinerbrüder, Marienhof (Marienkamp) vor Esens aufzugeben. Dafür hat Wiebt Regulare verschrieben. Die sind nun ins Kloster gezogen. Mit Rechten und Gütern war er ihnen gewogen“.
Damit umschrieb von Grest die Zeit, als das Kloster durch s.g. Regulare (Augustinerchorherren der Windesheimer Kongregation aus dem Mutterkloster Frenswegen bei Nordhorn) reformiert wurde. Dieser Vorgang fand natürlch das Interesse aller, die sich mit der Klostergeschichte von Marienkamp beschäftigt haben. So meinte H. Suur zu der damalige Situation: „Die Mönche hätten in ihrer zügellosen Lebensweise auch ihre Ordensregeln vernachlässigt, so dass der Abt vom Kloster Marienthal bei Norden die Bewohner von Marienkamp in sein Kloster umsiedelte“ und Pastor Frank Ewert berichtete in der Festschrift zur 800 - Jahrfeier der St. Aegidien Kirchenchengemeinde von Stedesdorf sogar darüber, dass Häuptling Wibet die Benediktinermönche um 1420 nach Norden vertrieben haben soll. Nach der Auswertung von weiteren Urkunden bin ich jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass der Bremer Erzbischof Johann II. von Schlamstorf die Überführung des Klosters Marienkamp und des mit ihm vereinigten Klosters bzw. Vorwerks Pansath (Pannenzete) vom Benediktiner- in den Augustinerorden veranlasste, nach dem ihm zuvor von Wibet von Stedesdorf und Ulrich Cirksena um 1420 die untragbare Situation in den Ordenshäusern geschildert worden war.