Die Nordsee-ServiceCard (NSC) Umland benachteiligt Gäste aus dem Hinterland der Nordseebäder  

Der Vorstand des Heimat- und Verkehrsvereins Holtgast (HVV) befasste sich auf seiner jüngsten Sitzung mit zahlreichen Beschwerden seiner Vermieter bezüglich der Einführung der Nordsee-ServiceCard (NSC) Umland durch die niedersächsischen Nordseebäder. Hierzu werden aus der Samtgemeinde Esens neben Neuharlingersiel und Esens-Bensersiel auch Werdum gezählt. Diese NSC-Karte benachteiligt Binnenlandsgemeinden wie Dunum, Holtgast, Moorweg oder Stedesdorf, weil Urlauber aus diesen Orten den anderthalbfachen Preis der Küstenbadeorte zahlen sollen. Selbst bei Kurzaufenthalten wird von den Gäste aus diesen Dörfern, die diese Karte erwerben wollen, mindestens sieben Tagessätze erhoben, egal ob die Leistungen der Küstenbäder in Anspruch genommen werden oder nicht.

Diese Vorgehensweise kann nach Ansicht des HVV Holtgast nicht unwidersprochen hingenommen werden. Binnenlandsgemeinden wie Holtgast werden seit Jahren von Gästen besucht, die auf den Reiter- und Bauernhöfen Urlaub machen oder ihre Freizeit individuell mit dem Fahrrad oder auf andere Weise gestalten wollen. Da sie entweder im Ort verbleiben oder andere Sehenswürdigkeiten im gesamten ostfriesischen Raum besuchen, lohnt sich für sie der Erwerb von Kurbeitragskarten nicht. In den Hauptferienzeiten und bei Brückentagen weichen allerdings auch einige Gäste aus den Küstenbädern in das Hinterland aus, wenn sie dort keine freien Quartiere mehr vorfinden. Dazu kommen weitere Besucher, denen es in den Urlaubszentren zu laut ist. Für diese Gäste hat der HVV Holtgast in den letzten Jahren in Kooperation mit dem Kurverein Esens-Bensersiel Kurkarten (2,50 € / Tag für Erw.) an Interessierte in der Touristik-Info oder durch die Vermieter selbst verkauft. Auf diese Weise konnten diesem Kurverein im letzten Jahr noch ca. 1.900,- € überwiesen werden.

Mit Einführung der NSC-Umland Karte in diesem Jahr gibt es keinen Bedarf mehr für Kurbeitragskarten. Auf Nachfrage wurde von den Gästen immer wieder die unangemessene Kostenerhöhung für die Hinterlandgemeinden angegeben. Durch diesen Umstand wird deutlich, dass es in der Samtgemeinde Esens im Fremdenverkehr eine deutliche Zweiteilung gibt. Da sind zum einen die nördlichen Orte Esens-Bensersiel, Neuharlingersiel und Werdum, in denen mit z.T. hohen Fördermitteln Fremdenverkehrseinrichtungen geschaffen wurden. Dort können sich die Bewohner durch den Tourismus ansehnliche Nebeneinkünfte sichern. Jeder wird dort auch einsehen, dass zum Erhalt dieser Einrichtungen Kurbeiträge erhoben werden müssen. Dies sieht aber in den Gemeinden Dunum, Holtgast, Moorweg und Stedesdorf komplett anders aus. Hier spielt der Fremdenverkehr eine weit geringere bis gar keine Rolle. Die Besucher dieser Orte erhalten in der Regel für den Verzicht auf die Annehmlichkeiten der Küstenbäder, lediglich etwas günstigere Übernachtungsangebote.

Aus diesem Personenkreis soll nach Einführung der NSC-Karte Umland ein Erwachsener, egal ob er nur für einen Tag oder für eine Woche eine Unterkunft außerhalb der Küstenbäder benötigt, 26,25 € verlangt, die den Nordseebädern zu Gute kommen. Viele der mit dieser Karte erworbenen Vorteile verlieren für den Gast jedoch an Wert, weil diese Leistungen nur in den Badeorten in Anspruch genommen werden können. So bleiben als Gegenwert für die Karte letztlich nur eine Parkerermäßigungskarte und der freie Zutritt zu den meisten Stränden entlang der niedersächsischen Nordseeküste. Und der hoch gelobten Urlauberbus, in dem Gäste mit einer NSC-Karte für 1 Euro je Richtung und Person im Küstengebiet mitfahren können, bietet diesen Vorteil nur, wenn es dafür im Ort auch eine Haltestelle gibt. 

Die Entwicklung die sich nach der Einführung der NSC-Karte Umland abzeichnet ist bedrückend. Für die dörfliche Weiterentwicklung in der südlichen Samtgemeinde Esens ist ein kleiner Zuverdienst durch einige wenige Vermietungstage für die Bewohner ebenfalls wichtig. Das Geld der Gäste und der Vermieter bleibt in der Regel in der Region und davon profitieren schließlich alle. Man muss sich jetzt fragen, was sich die Verantwortlichen der Kurvereine bei der Erhöhung der Beitragssätze für diese Karte gedacht haben. Geht ihre Gier nach noch mehr Vermietungstagen soweit, dass sie den Hinterlandgemeinden nun auch noch die letzten Gäste wegnehmen wollen? Dabei muss auch die Rolle des Samtgemeindebürgermeisters Jürgen Buss hinterfragt werden. Wie kann er seiner Verpflichtung, für alle Einwohner der Samtgemeinde Esens gleichermaßen da zu sein, nachkommen, wenn er in seiner zweiten Funktion als Kurvereinsvorsitzender von Esens-Bensersiel die Einführung dieser NSC-Umlandkarte duldet oder fördert? Auch wenn der Kurbereich Esens-Bensersiel nur ein Teil der Nordseeküstenbäder ist, darf er dabei das Wohl aller Mitgliedsgemeinden nicht außer Acht lassen. Andernfalls wäre es wohl besser, wenn er auf das eine oder andere Amt verzichtet.

Der Vorstand des Heimat- und Verkehrsvereins Holtgast e.V. hat in seiner letzten Sitzung einstimmig beschlossen, dass künftig in der hiesigen Touristik-Information keine Kurkarten bzw. NSC-Umland Karten mehr angeboten werden. Statt dessen wird den Gästen empfohlen, nur noch im Bedarfsfall reguläre Eintrittspreise für den Strandbesuch etc. (die übrigens für Gäste und Einheimische gleich sind) zu bezahlen. Außerdem will der HVV dem Beispiel vieler seiner Mitglieder folgen und die Mitgliedschaft im Kurverein Esens-Bensersiel kündigen. Mit einem noch größeren und zwischen den Ortsteilen der Gemeinde abgestimmten Programm werden den Gästen von Holtgast und darum herum in der Saison bereits einige Veranstaltungen in der Woche zum Nulltarif angeboten. Mit einem intensiveren Zusammenwirken mit den anderen Fremdenverkehrsträgern aus dem Süden der Samtgemeinde Esens und dem benachbarten dem Holtriemerland soll das Gästeangebot künftig noch weiter verbessert werden.

Allen, die trotzdem an den Erweb einer NSC-Umland-Karte interessiert sind, empfiehlt der HVV Holtgast einen Vergleich mit anderen Nordseeküstenbädern in denen die Preise in der Regel unter dem Niveau von Esens-Bensersiel liegen.