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Die Holtgaster Heimat-Geschichte

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Das Leben auf dem Bauernhof.  

Quelle:  "Beckerschen Dorfchronik" 

Johann Becker schrieb zum Dreschen: "Vor einigen Jahrzehnten klapperten auf den Tennen noch jeden Wintermorgen die Dreschflegel ihren regelmäßigen Takt. Einige „Lagen“ mussten erst abgedroschen werden, bevor es an den Morgenbrei ging. Später kam der Göpel- oder der Blockdreschbetrieb auf. Die Pferde trieben die Dreschmaschine an. Auch heute findet man noch vielfach diese Betriebsweise. Der Göpel wird nun aber immer mehr durch einen Benzol- oder Rohöl- oder elektrischen Motor verdrängt. Den Hauptteil ihrer Getreideernte lassen die Holtgaster aber immer noch durch die große Dreschmaschinen dreschen, die entweder durch einen Dampfkessel oder durch einen starken Motor (Bulldog!) angetrieben werden. Die allermeisten Maschinen dreschen heute nicht nur das Korn aus, sondern reinigen es auch und pressen das Stroh zu dicken Ballen zusammen. Die großen Dreschmaschinenunternehmer bringen ihr gesamtes Arbeitspersonal mit".

Weiter ging es mit der Milchverarbeitung: "Auch die Milchverarbeitung und die Butterbereitung haben eine große Umwälzung erfahren. Früher hörte man in jedem bäuerlichen Hause alltäglich das regelmäßige Stampfen und Plumpsen des Butterkarnes. In einer großen „Karne“, die die Milch enthielt, wurde ein „Karnpuls“ auf und ab bewegt. Bei kleineren Karnen machte man das mit der Hand und es gehörten schon kräftige „Maidarme“ dazu, manchmal stundenlang diese schwere Arbeit zu leisten. Späterhin erfand meine eine Hebelvorrichtung, um der ermüdenden Arbeitsleistung eine andere Richtung zu geben. Diese schwere Magdarbeit überließ man bald gerne größeren Hunden. Diese „Karnhunde“ hatten ein großes Karnrad zu treten, dass den gesamten Karnapperat dann in Bewegung setzte. Als später Zentrifugen eingeführt wurden, und man nur die Sahne butterte, konnte auch der Karnhund verschwinden. Heute liefert man die gesamte Milch an die Molkereien ab. Die Milchwagen bringen in einem Dorf nach Zeit und Stunde den regelmäßigsten Verkehr.  

Er berichtete auch über die Feldarbeit: "Auch die landwirtschaftliche Feldarbeit hat eine Veränderung erfahren. Die Maschinenkraft hat die menschliche Kraft abgelöst. Bedingt wohl durch die vielen Abwässerungsgräben („Meetjeschlöte“) zwischen den meisten Äckern haben die großen Säe- und Mähmaschinen hier weniger Eingang gefunden, wie es im übrigen Deutschland der Fall ist. Noch immer schneidet („scheert“) man das Korn mit der Sichel. Binden, Hocken, und Nachharken besorgen die Frauen. Aber das Gras wird fast ausschließlich nur mit der Mähmaschine gemäht. Früher war die Heuernte viel romantischer als heute Da schlug man in der Meede oder im „Hammer“ wie man hier sagt, ein Zelt auf; denn man blieb für längere Zeit nun von zu Hause fort. Für die Nacht bot das Zelt den müden Knochen ein angenehmes Schlaflager. Eine ganze Anzahle kräftiger Männer legte nun mit einem Schnitt das lange Gras in mächtige Schwaden nieder. Der älteste Mäher hatte den Vortritt und gab das Tempo an. Der jüngste Mäher folgte als letzter. Kam nun eine weibliche Person in die Nähe, so warf der erste Mäher seine Mütze ab und der jüngste musste dann die Frau, meistens ein Fräulein herbringen um sie zu „walen“. Nach einer lustigen Jagd wurde sie zu diesem Zwecke fein behutsam auf den Boden gelegt und an die Knie gefasst. Nun rollten die beiden eine strecke hin und zurück. Für diese an sich wenig angenehme Prozedur hatte die Jungfrau dann ihren „Obolus“ zu entrichten.

Überhaupt wurde im Mähfeld dem Alkohol ziemlich zugesprochen und ein anständiges Trinkgeld konnte man wohl gebrauchen. Furchtbar lauter Gesang tat sich weithin kund von der gehobenen Stimmung, in der sich die Mäher befanden. Zu Mittag kam die fesche Magd oder die Bäuerin selber um das Essen zubringen. Es war üblich, dass in dieser Zeit die „Schweinsbacken“ (das Wellfleisch vom Schweinekopf) dran glauben mussten aber auch die Schweineschinken  krankten in dieser Zeit an der „galoppierenden Schwindsucht“. Weiterhin gab es besonders dicke „Hüdels“, dass sind „Klütjes“ oder Mehlklöße. Dieses Nationalgericht der Holtgaster, das auch an manchen Festtagen häufig auf dem Tisch kommt, gibt es auch als Abschluss beim Flegelbier, wenn das Dreschen beendet ist.

Allein der liebliche Zauber der alten Zeit ist im heutigen Maschinenzeitalter unwiederbringlich vorbei. Nur wenige Bauern unserer Gemeinde haben noch kleine Reste alten Brauchtums hinübergerettet in unsere Tage.

Dem Schreiber dieser Zeilen war es einmal vergönnt, nicht in Holtgast, sondern in Damsum, einem Rapsdreschen beizuwohnen. Daran nahm das ganze Dorf teil und was war das dort draußen auf dem Rapsfeld eine große Lust, ein Lachen, Singen und Spielen! Die Hocken wurden auf ein großes Laken getragen und von einer Anzahl Pferde „ausgetreten“. Abends wurde die Feier in einem Bauernhause bei Spiel und Tanz fortgesetzt. Hoffentlich feiert solches Brauchtum noch einmal eine gewisse Auferstehung."