Die Holtgaster Heimat-Geschichte |
Beerdigungsrituale in Holtgast Quelle: Becker´sche Chronik Schon immer war es für mich ein erhabenes Bild, wenn ich das
große Trauergefolge hinter einen Verstorbenen aus unserer Gemeinde sah.
Ein ganz großer Teil unserer Dorfbewohner hatte für einen Nachmittag
die Arbeit liegen lassen, um den Verewigten die letzte Ehre zu erweisen.
So ist es noch heute. Die Bauern spannen an, um auf ihren kleinen Wagen
die zahlreichen Trauergäste bis Esens zu fahren. Heute kommt fast
durchweg der kirchliche Leichenwagen aus Esens, der die Leiche fährt.
Früher wurde dazu ein Ackerwagen benutzt. Erst in Esens formiert sich
am Herdetor der Leichenzug, nachdem die Pferde dort ausgespannt und in
den Stall geführt wurden. Noch vor einigen Jahren hatten auch die größeren
Schulkinder sich zum Leichensingen im Sterbehause einzufinden. Sie
gingen dann unter Führung des Lehrers dem Leichenzug eine Strecke
voran, indem sie Sterbechoräle sangen. Von diesem Singen hörten die
Trauergäste kaum etwas, da sie ja in einer langen Reihe dem
Leichenwagen folgten. Heute ist das Leichensingen den Schulkindern auf höhere
Anordnung verboten worden. Viele Trauergäste finden sich nach der
Beerdigung noch einmal wieder im Trauerhause ein; aber ein
Leichenschmaus wie er in alter Zeit schon zu Schlägereien und
Trinkgelagen ausgeartet sein soll, findet nirgends mehr statt. Wenn jemand gestorben ist, so gilt es für die nächsten
Nachbarn als traurige Pflicht, alle Arbeiten zu leisten, die ein
Sterbefall mit sich bringt. Da eine Totenfrau fehlt, besorgen sie das
„Verkleiden“. Mehrere sagen bei Verwandten und bei dem größten
Teil der Dorfbevölkerung den Tod an. Dann werden viele zum Einsargen
noch eingeladen und endlich drittens am Tage vor dem Begräbnis und noch
wieder zur Beerdigung. In den letzten Jahren haben auch die Kranzspenden an Umfang sehr zugenommen, während man das früher weniger kannte. Heute bestellen sich die Leidtragenden schon häufig einen Personenautobus, der viele Trauergäste aufnehmen und befördern kann. |