Die Holtgaster Heimat-Geschichte |
Die
Inflation nach 1914 - 18. Quelle: "Beckerschen Dorfchronik" Johann Becker schrieb: "1 Goldmark war 1 Billion Papiermark. Das mag genug beweisen.
Der ganze Verkehr war nur ein Warenumtausch. Wehe darum den Berufen, die
nur auf das Geld angewiesen waren! Sie konnten für ein Ei vielleicht
ein ganzes Monatseinkommen ausgeben. Ende 1923 hatte die Inflation den höchsten
Grad erreicht. Aber nun fiel so manches künstlich auf Papiermark
aufgebaute Großunternehmen mit der Rentenmark in sich zusammen. Und
doch ging ein Aufatmen durch unsere Gemeinde, als wir endlich wieder
stabile Geldverhältnisse erhielten. So knapp nun das Geld auch sein
mochte so hatte es einen festen Wert. Die Inflation hatte manch einen geblendet und ihm einen
Scheinreichtum vorgegaukelt. Einige hatten die Scheine sack weise
gesammelt und wollten nun nicht glauben, dass die Geldscheine weniger
wert hatten als gewöhnliches Papier. So konnten sich solche Leute nicht
dazu entschließen, dass Geld in Sonderwerten wertbeständig anzulegen.
An dem Widerstand dieser Leute scheiterte es damals, dass wir eine neue
Schulklasse oder elektrisches Licht bekamen. Krasser Egoismus und
Materialismus ließ auch keinen Gemeinschaftssinn aufkommen. Bei vielen
war eine große Gier nach Geld zu beobachten. Man sammelte nun Hundert-
und Tausendmarkscheine. Die einen roten Stempel trugen. Sollten diese
vielleicht nicht zuletzt noch das große Los bringen, wenn sie wohl
aufgewertet würden? Aber das Glück wollte diesen Leuten nicht hold
sein. Die
Sparer und Rentner waren die Opfer der Inflation Den Sparern und Rentnern, die in mühevoller Arbeit für
ihren Lebensabend sich eine kleine Summe zusammengespart hatten, war das
ganze Geld entwertet; und nun konnten gewisse Leute, die ihre ganze
Hoffnung auf die rot gestempelten Scheine gesetzt hatten, dass Glück
nicht zwingen, auf billiger Art schnell reich zu werden. Wie groß die
Enttäuschung dieser Leute später war, zeigt ein Fall, dass ein Bauer
in seinem letzten Willen verfügt hatte, ihm die Geldscheine im
Leichenkissen mit ins Grab zu legen". |