Die Holtgaster Heimat-Geschichte |
Das Volk sehnte sich nach Freiheit und nationale Einheit Quellen: Siehe Literaturverzeichnis Auch wenn auf dem platten Lande in der Umgebung von Esens zunächst noch nicht viel davon ankam, gehört ein Blick in die höhere Politik die anderenorts betrieben wurde, in die geschichtliche Betrach- tung jener Zeit, um die Entwicklungen der folgenden Jahre besser verstehen zu können. Dazu muss erwähnt werden, dass die Verbreitung von Nachrichten nur über die Ämter erfolgte, denn eine Bericht- erstattung über Zeitungen durch den "Anzeiger" gab es im Harlingerland erst ab 1868. Aber auch ab diesem Datum war man von einer freien Presseberichterstattung heutige Tage noch weit entfernt. So erfuhr man hier nur wenig über die Freiheitsbewegungen im Süden von Deutschland, die sicherlich auch von der französischen Revolutionen von 1830 und 48 beeinflusst worden waren. Auch war die Kunde einer Demonstration für Bürgerrechte und nationalstaatliche Einheit beim Hambacher Fest 1832 höchstens Insidern bekannt. Die innenpolitischen Krisen die sich um die Schleswig-Holstein-Frage bildeten, lagen da schon näher vor der Tür. In den südlichen Landesteilen von Deutschland wurde dagegen der Druck auf die Herrschenden immer größer und als nach der erneuten Februar-Revolution in Frankreich von 1848 die 2. Republik ausgerufen wurde, griff diese Revolutionsbewegung auch auf Deutschland über. Nach ersten Aufständen in Baden-Baden folgten weitere innerhalb weniger Tage und Wochen in den anderen Fürstentümer und im März des Jahres in Preußen. Zentrale Forderungen der Opposition in Deutschland waren die Gewährung von Bürger- und Freiheitsrechten, die Einsetzung liberaler Landesregierungen, vor allem aber die Schaffung eines deutschen Nationalstaats mit einer gesamtdeutscher Verfassung und einer gemeinsamen Volksvertretung. Durch diese revolutionären Bewegungen im März des Jahres 1848 wurde erreicht, dass nun überall in den Ländern Volksvertretungen und im "Deutschen Bund" am 1. Mai 1848 die "Frankfurter Nationalversammlung" frei gewählt wurden. Dazu sollte man aber wissen, dass dies Wahlrecht an eine "Selbstständigkeit" geknüpft war und somit einen Teil der männlichen Wähler und die Frauen ganz ausschloss. Die Nationalversammlung tagte bekanntermaßen in der Paulskirche. Da sie jedoch nicht von dem "Deutschen Bund" initiiert worden war, gab es weder einen Staatsoberhaupt noch die wesentlichsten Organe einer Regierung. Deshalb wurde sie im Ausland nicht anerkannt. Dennoch wagten sich die Abgeordneten an Themen wie Bildung einer Verfassung oder an das "Schleswig-Holstein.Problem" heran, bei der es dann auch zu einer Besetzung des "Deutschen Bundes" in diese Region kam, mit der Folge, dass Dänemark sich aus diesen Gebieten zurückziehen musste. An der Lösung des nächsten Problems sollte die Nationalversammlung später scheitern - nämlich der Frage ob es zu einer großdeutschen Lösung mit Österreich und dessen Balkanstaaten kommen solle oder zu einer kleineren Variante mit Preußen als Führungsmacht, dann aber ohne Österreich. Nach kontrovers geführten Abstimmungen hatte man sich gegen österreichische und süddeutscher Abgeordnete mehrheitlich für die kleindeutsche Variante entschieden und trug aus diesem Grunde am 3. April 1849 Friedrich Wilhelm I von Preußen die Kaiserwürde an, die dieser jedoch ablehnte. Daraufhin zogen am 5.4. alle österreichschen Abgeordneten ab. Als dann wenige Tage später auch die preußischen Parlamentarier ihre Mandate niederlegten, war das Parlament so stark geschwächt, dass es seine Handlungsfähigkeit verlor. Zu Neuwahlen kam es jedoch nicht. Dies hatte neue Aufstände zu Folge, die schließlich mit Hilfe des preußischen Militärs niedergeworfen wurden. Die restlich verbliebene Abgeordneten verlegten ihren Tagungsort nach Stuttgart, um sich so dem preußischen Einfluss zu entziehen. Die Idee einer gemeinsam nationale Politik unter Wahrung aller demokratischen Grundrechte lebte zwar weiter, war aber für die nächsten Jahre vorerst ohne Bedeutung, weil Preußen in Folge der nächsten Kriege zum dominierenden Machtfaktor unter den deutschen Staaten wurde. |