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Die Holtgaster Heimat-Geschichte

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Die Lebensverhältnisse im 19. Jahrhundert in Holtgast

Quelle: Dorfchronik von Johann Becker v. 1936

80 bis 100 Jahre vor der Erstellung dieser Chronik sollen die Verhältnisse unserer Gemeinde durchweg ärmlich gewesen sein. Die Bauern hätten ihre Pferde nur an Strohreepen leiten können. Oft genug hätten Nachbarn einander helfen müssen, um die Tiere auf die Beine zu bringen. Gar manchmal musste der Bauer erst wie ein armer Kolonist mit einem Fuder Torf zur Stadt, um Geld zu bekommen, damit er sich Brot kaufen konnte.

Alte Opas erzählten dem Verfasser, wie ärmlich und dürftig ihre Kinderjahre gewesen waren. Ein fettes Schwein schlachten zu können war den wenigsten möglich. Vielmehr war es schon etwas besonderes einmal eine Gans zu schlachten. Fast alle Abende gab es Pellkartoffeln in „Salz gestippt“. Wenn auch die Lebenshaltung ganz anders war als diejenige unserer Tage war, so ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass im Großen und Ganzen viel Armut und Dürftigkeit geherrscht hat.

Auch die Wohnverhältnisse waren zum mindesten nicht gut zu nennen. Die Hausmauern aus Lehm, niedrig, krumm und vielfach abgestützt; das mit Moos bewachsene tief herunterhängende Strohdach; die kleinen Fenster und niedrigen Türen; der wenige Hausrat im Innern; vielfach nur eine Küche mit lehmgestampften Fußboden; allerdings traulich durchwärmt von dem offenen Herdfeuer; an den Wänden elende Schlafbutzen; dann vielleicht noch ein kleines Kämmerchen, das durchweg als Speise- und Milchkammer diente; ja so ähnlich sollen die meisten Häuser damals ausgesehen haben.

Ein Grund für die wirtschaftlich angespannte Lage war sicher auch, dass die Holtgaster aus den alten Klosterzeiten immer noch zu Frondiensten für die Domäne Schoo verpflichtet waren. So musste man bis Mitte des 19. Jahrhundert dem dortigen Pächter noch das Getreide schneiden, binden  und einfahren. Für die Ablösung dieser Dienste, die alle umliegenden Gemeinden in ähnlicher Weise leisten mussten, hatten die Bewohner hohe Geldsummen zu zahlen.

Jede Warfstelle musste beispielsweise 27 M entrichten. Der langsam wachsende Wohlstand der Bewohner, hervor gerufen durch den Aufschwung von Handel und Verkehr, besonders aber auch durch das reichliche Vorkommen des Mergels, veranlasste die Gemeinde, sich einmal für immer von dieser lästigen Frondienstpflicht loszukaufen.

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