Die Holtgaster Heimat-Geschichte |
Flurbezeichnungen von Holtgast Quelle: Staatsarchiv Aurich, StAA Rep. 244 C 3698 und Dorfchronik von Johann Becker Nachdem die "Gemeine Weide" von Holtgast an
Einheimische und neue Kolonisten aufgeteilt worden war, begab man sich
daran die Flächen zu kultivieren und für sich nutzbar zu machen. Viele
Erleb- nisse aus dieser Zeit aber auch schon von früher, sowie Eigenarten oder sonstige
Gegebenheiten führten zu Namensvergaben für Ländereien und
Wohnplätze. Für die Heimatkunde und die Heimat- forschung sind diese Flurnamen
von wichtiger Bedeutung. Bei den nachfolgenden Bezeichnungen handelt es sich
um eine Aufstellung von Johann Becker die er einmal gesammelt hat: Bröker, Teit-, Reit-, Block-, Ockenhamm, Bookhamm,
Steenerhamm, Steenermörken, in den Kuhlen, Hookstä oder Hukstäe, Hoog
Warf, Langewehr, Möörken, Drenkstäe, Bargland, Neeland, Elgenhamm,
Middelsvörwend, Heidkamp, Altenesch, Kamp, Mährhamm, Hartsgaster
Hammerk, Feld, Kämpkes, Higsthamm, Kört Meedjes, Moorhamm, Laven,
Reigerdimt, Katrans, Osteries, Martinsland, Kloster Marienkamp,
Bullkamp, Höök, Nedderbankshöcht, Schev Drei, Gnauelkamp, Polstäe, Hülgen,
Ruge Hamm, Oll Tun, Krummland, Polder, Burhörn, Kielkamp, Delung,
Rosenmeer, Schennstä, Kalverstück, Blök, Bültenstück, Unvermoden,
Groot Dimmt, Brookerland, Unnerstscheef, Bückspiep, Tichelkamp,
Zielkenweg, Westerbrook, Bargkamp, Körtackerskamp, Utterflume,
Brandshoff, Splitt, Schlingerweg, Reitmoor, Ettens, Husjücken, Olle
Esch, in der Dreek, Spriekenkroog, Himmelreich, Goar, Wehnbusch, Schützenkamp,
lär´n Lamp, Tewerk. In der Mutterrolle der Feldmark von Holtgast sind an Stelle dieser plattdeutschen Flurnamen, vielfach „Hochdeutsche“ Namen eingesetzt worden. Dadurch wurde die Erklärung vieler Flurnamen erschwert. Nachfolgend
einige Namensdeutungen:. „Schennstä“, heißt das Land südlich des Weges nach Fulkum hin. Dies Bezeichnung wurde Becker folgendermaßen von einem Landwirt erklärt: „Früher gehörte das Land einem einzigen Bauer. Es war das Beste in ganz Holtgast und brachte reiche Erträge. Dann hat der Bauer es jedoch geteilt und schließlich ist es stückweise an Freunde verkauft worden. Dadurch war das ganze Land ausgeschändet und erhielt den Namen Schennstä“. Das ist eine nachvollziehbare Erklärung. Andere Leute vermuten, dass vielleicht an irgendeiner Stelle, dort wo der Weg nach Pansath abzweigt, ein Schandpfahl gestanden haben könnte. An dieser Stelle wurde einmal eine Ausweichstelle mit einer
Bretterschutzwand errichtet. Die so genannten „Schanzen“.
Dort soll es früher nachts auch „gespukt“ haben. Für diesen Spuk
gab es eine einfache Erklärung. Diese „Schanzen“ wurden liebend
gern von Zigeunern und Hausieren als Lagerstätte aufgesucht. Sie ließen
dort ihre Wagen stehen und gingen von hier aus nach Utgast, Holtgast,
Hartsgast oder Fulkum, um zu betteln bzw. mitgebrachte Waren anzubieten. Mancher Flurname ließe sich noch erklären. Beim Goldenstein`schen
Platz gibt einen Gnauelkamp. In dieses Weideland wurde immer
wieder das Milchvieh hineingetrieben, weil es so günstig nahe beim
Hause lag und weshalb man auch keine langen Wege zum Melken machen brauchte. Dies
war vor allem während der Ernte günstig. Durch die häufige Nutzung
litt der Grasbewuchs und deshalb fanden die Tiere kaum etwas zum „gnaueln“. Unter „Polen“ verstand man hierorts Tümpel und
Wasserlachen. Polstä hieß früher ein Gelände in Hartsgast. Es
lag sehr niedrig und war reich an Kuhlen und Dobben. Gleiches gilt für
die Bezeichnung "Kuhlstücken", die wir häufiger
antreffen. "Burhörn" hinterm Walde gehörte früher
wohl den Bauern gemeinsam. Später wurde es wahrscheinlich aufgeteilt
und für billiges Geld weiter verkauft. Dort gruben die Besitzer bis in
die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts noch ihren Torf. Das
ausgegrabene Niederungsmoor war lange Zeit fast wertlos und lieferte
teilweise nur minderwertiges Moor- und Sumpfgras, das manches Jahr nicht
einmal gemäht werden konnte, weil es im Sumpf oder im blanken Wasser stand.
Die Abwässerung über das Reiher- oder das Klampertief reichte damals
nicht aus, um das Land trockenzulegen. „Esch“ bedeutet im Oldenburgischen hohes
Geestland, welches sich vorzüglich zum Ackerbau eignet. Auch im Loog
gibt es eine Gemarkung „Olle Esch“ mit tiefgründigen,
hochgelegenen Ackerboden, der zu den ältesten Nutzflächen der Gemeinde
gehört.. Als früher der Hütejunge die Kühe der Dorfbewohner noch
auf die „allgemeine Weide“ trieb, brachte er sie abends zum Melken
auf ein Weidestück im Loog, dessen Name „Ettens“ war. Der
Flurname für das Land besteht noch heute. Für den „Wehnbusch“ vemutete Becker einen Zusammenhang mit dem Kloster Marienkamp, weil dies ein Ort in der Nähe der Klostermauern lag, dort wo man sich möglicherweise ausweinen konnte. Es kann aber auch sein, dass die Mönche früherer Tage an dieser Stelle einmal ihren Wein angebaut haben. Doch nun zu Bezeichnungen einzelner Wohnplätze. „Schennstä“ gegenüber von der Nordseite der Straße
stand weit mitten im Jacofskyschen Land, an dem so genannten Pansather
Karkpadd, ein kleines altes Haus, dass wohl niemand dort „vermutet“
hätte. Es hieß, „Unvermoden“ und musste vor längeren
Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Der Namen wurde mir
folgendermaßen erklärt: Die Utgaster gingen gerne durch dieses Land um
den weiten Weg zum Hochmoor anzukürzen. Als nun auch wieder einmal
einer morgens früh dort durchgekommen war, hatte er weder ein Haus noch
überhaupt Baumaterial vorgefunden. Am Abend jedoch, als er zurückkam,
stand schon das ganze Haus schon fix und fertig da, - so ganz
unvermoden, wie ersagte. Damit hatte er dem Haus den Namen gegeben. So
schön diese Geschichte auch klingt - die Namensgebung hängt wohl eher
damit zusammen, dass dort kein Haus vermutet wurde. - als ein
unvermutetes Haus. Die Besitzung der Geschwister Peters im Wold wird auch „Himmelreich“
genannt. Auch die Brücke, die dort über den Kanal führt, heißt
„Himmelreichsbrücke“. Dort soll früher ein sehr altes Haus
gestanden haben, dessen Dach eines Tages plötzlich einstürzte, so dass
man unmittelbar in den Himmel sehen konnte. Die beiden Häuser an der Norder Landstraße, dort wo die
Westerholter Straße abzweigt heißen noch heute „lärn´ Lamp“.
Dort soll früher eine geheime Kneipe gestanden haben und mancher hätte
sich dort manchmal einen auf die Lampe gegossen (über den Durst
getrunken), bis das der Krug „leer“ war. Im August 1938 brannte der weit und breit bekannte frühere
Gasthof „Splitt“ vollständig nieder. Genau vor zehn Jahren
hatte der Blitz dort schon einmal gezündet. Das Feuer konnte jedoch
schon im Entstehen gelöscht werden. Jetzt aber war keine Rettung möglich;
nur die Nebenscheune blieb verschont. Sie erhielt einen Wohnhausanbau
nach der Südseite hin, so dass die Hinterfront jetzt der Straßenseite
zugänglich ist. Das Haus hat seinen Namen „Splitt“ erhalten weil
dort 5 Wege abbogen, sich „splitteten“ = spalten. Das Haus von Klaas Eilts im Wold hat den schönen Namen „Häcksternüst“.
Beim Hause stehen hohe Bäume, in deren Kronen alle Jahre die Elster
liebend gerne nisteten. Die Gegend an dem Verbindungsweg vom alten Splitt zur
Westerholter Landstraße, der schließlich weiter ins Loog hineinführt,
wird „Brandshof“ genannt. Ursprünglich war darunter nur das
Haus des Warfmannes Gerke Sjuts Gerken gemeint. Dort gab es nämlich
eine frühere „Feldbrennerei von Ziegelsteinen“. Eine andere muss an
dem Haus von Weert Eilts gewesen sein. Unendlich viele Steinreste liegen
dort noch unter der Erdoberfläche, so dass ein Pflügen in
unmittelbarer Hausnähe unmöglich ist. Die geraden Wege, die ins Moor oder in die Marsch führen,
werden Helmer genannt. An dem Holtgaster Helmerweg, der in seiner
Fortsetzung nach Klosterschoo hinführt, steht das Platzgebäude von
Goldenstein. Seit Generationen heißen die Söhne dieser Familie „Jann
Helmers“ (verhochdeutscht; Johann Helmerichs). Der Name oder die Silbe „Wold“ kommt in
Ostfriesland sehr häufig vor. (Simonswolde, Ayenwolde, Großwolde, Böhnerwold,
Wolthusen usw.) Wolden = Meeden sind wasserreiches niedriges Land. Damit schließe ich meine Erklärungen der Flurnamen. Bei den
allermeisten erkennt man die Bedeutung der Herkunft sofort ohne
weiteres, für nur wenige fand ich keine Erklärung - so der Verfasser
Johann Becker. |