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Die Holtgaster Heimat-Geschichte

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Frankreich hob die Militärdienstbefreiung für Ostfriesen auf.

Quelle: Harry Pladies - Ostfriesland im Zeitalter Napoleons - aus: Die Leuchtboje, Heft 19, Leer o.J.

Dies war ein Schock für die Ostfriesen. Die seit Karl dem Großen bestehende Befreiung vom Militärdienst, die selbst von den Preußen bei der Übernahme 1744 akzeptiert und festgeschrieben wurde, setzten die Franzosen außer Kraft.  

Im März/April des Jahres 1811 sollten 228 Männer im Alter von 23 Jahren Soldat werden. Dies waren 152 für die Armee und 76 für die Marine. Verheiratete Männer, Witwer mit Kindern, Geistliche und Körperbehinderte waren vom Militärdienst befreit.

Da es 1049 wehrpflichtige junge Männer gab, musste das Los entscheiden. Derjenige, der ein Los mit einer Zahl zwischen 1 und 228 gezogen hatte, musste sich einer besonderen Kommission vorstellen, die endgültig über seine Einberufung entschied. Es gab jedoch Möglichkeiten, dem Militärdienst zu entgehen. So konnte man z. B. das Los eintauschen oder einen Vertreter schicken. Hierfür wurden jedoch Summen bis zu 3000 Francs verlangt, die meistens nicht aufgebracht werden konnten, selbst wenn die Eltern, Geschwister und Verwandte zusammen legten.

Als nun weitere 300 Seeleute eingezogen werden sollten, kam es zu Unruhen. Die jungen Männer weigerte sich in Leer ein Los zu ziehen. Darauf gab es ein Handgemenge mit den Soldaten. Später  wurde die Prozedur unter  der Aufsicht einer Kompanie Soldaten wiederholt.

Ähnliches wurde aus Aurich berichtet. Im Auricher Schloss wurde die Musterungskommission aus dem Saal geprügelt. Nach diesem Aufstand zog das Militär zu den Fehnen um die Rädelsführer zu verhaften. Aber das war nicht so einfach, denn die Fentjer hatten sich bewaffnet und vertrieben das Militär.

Es kam wie es kommen musste. Als die Franzosen beim nächsten Mal mit 600 Soldaten anrückten, war jeder Widerstand sinnlos. Am 24. Mai 1811 tagte im Auricher Schloss ein französisches Kriegsgericht. 21 Männer aus Großefehn, Boekzetelerfehn, Jheringsfehn und Moordorf wurden angeklagt, die kaiserliche Macht durch Bewaffnung, Bürgerkrieg, ungesetzlichen Gebrauch von Waffen, durch Zerstörung und Plünderung beunruhigt zu haben. Hinter verschlossenen Türen fällte das Gericht die Urteile: Zwei Männer wurden zum Tode verurteilt und am nächsten Tag hingereichtet. Sieben weitere Angeklagte, die sich durch die Flucht gerettet hatten, wurden in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Zwei weitere erhielten eine 16jährige Kettenstrafe und sechs andere wurden unter Polizeiaufsicht gestellt.

Auf den Fehndörfern herrschte unglaubliche Not, denn die meisten arbeitsfähigen Männer waren fort. Es folgten viele Bitbriefe an den Präfekten und diese hatten in einigen Fällen auch Erfolg.

Auf jeden Fall fügten sich die Ostfriesen seitdem den Gesetzen und bei weiteren Zwangsrekrutierungen blieb es ruhig. Trotzdem versuchten einige Dienstpflichtige sich durch die Flucht dem Militärdienst zu entziehen. Sie wurden anschließend steckbrieflich gesucht:

Hier ein Beispiel aus Esens:

        "Dreihundert Franken Belohnung werden demjenigen von der Commune Esens zugesichert, welcher den Conscrit refractair vom Jahre 1812, Lammert Janssen Mennen, dem Maire der Commune Esens innerhalb 14 Tagen überliefert, oder auch nur solche Nachrichten gibt, dass derselbe wieder habhaft gemacht werden kann!
         Esens, den 29. September 1813"

Insgesamt dienten 2466 Ostfriesen in der französischen Armee oder Marine. Wie viele von ihnen die Feldzüge und Schlachten Napoleons überlebten und wieder in die Heimat zurückkehrten, ist nicht bekannt.  

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