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Die Holtgaster Heimat-Geschichte

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Die Kontinentalsperre (1806-1813) legte den Schiffsverkehr in Ostfriesland lahm und beflügelte den Schmuggel  

Quelle: Harry Pladies - Ostfriesland im Zeitalter Napoleons - aus: Die Leuchtboje, Heft 19, Leer o.J.  

Als Folge davon, dass Frankreich zwar große militärische Erfolge auf dem europäischen Festland, nicht aber auf dem Seewege gegen England erzielen konnte, verbot Napoleon den Handel mit England um so der englischen Wirtschaft zu schaden. Denn England trieb auch während des Krieges einen regen Handel mit den nicht von Frankreich beherrschten Ländern des Festlandes. In den Häfen der Nord- und Ostsee lagen zahlreiche englische Schiffe vor Anker, die Kolonialwaren und Erzeugnisse der englischen Textil- und Eisenindustrie zum Festland brachten. Für die Rückfahrt nach England wurden sie vor allem mit Getreide und Holz beladen.

Im Dezember des Jahres 1806 wurden die Bestimmungen über die Kontinentalsperre in dem von holländischen Truppen besetzten Ostfriesland bekannt gegeben. Napoleon hatte im eroberten Berlin folgendes Gesetz erlassen:

"Über die Britischen Inseln wird die Blockade verhängt: Der Verkehr und der Briefwechsel mit den Britischen Inseln ist verboten. Briefe und Pakete, die nach England oder an einen Engländer gerichtet oder in englischer Sprache geschrieben sind, sollen durch die Post nicht befördert, sondern beschlagnahmt werden. Jeder englische Staatsangehörige, gleich welchen Standes oder welcher Art, wird zum Kriegsgefangenen gemacht. Jeder Handel mit englischen Waren ist verboten. Jede Ware, die einem Engländer gehört oder aus englischen Fabriken und Kolonien kommt, wird für ,gute Prise' erklärt. Kein Schiff, das aus England oder seinen Kolonien kommt, darf in einen Hafen des Festlandes einlaufen."

Dadurch kam die gesamte Handelsschifffahrt zum Erliegen und die große Zeit des Schmuggelns begann. In dieser Zeit wurde auf dem zu England gehörenden Helgoland ein riesiges Warenlager errichtet. 

Da alle Häfen kontrolliert wurden, war es zu gefährlich mit größeren Schiffen auf Schmuggelfahrt zu gehen. Deshalb nutzte man dafür die kleine Fischerboote und sonstige Flachboote die im Watt ohne tiefes Fahrwasser bewegt werden konnten. Die Fahrt nach Helgoland war natürlich sehr gefährlich, denn außerhalb der Inselkette herrschte häufig Unwetter. Davon ließen sich die Schmuggler aber nicht abhalten. Sie verließen das Festland im Schutze der Dunkelheit und fuhren auf dem kürzesten Weg zur Hochseeinsel. Dort wurde vor allem Kaffe, Tee, Zucker, Textil- und Metallwaren erworben. Man bezahlte entweder bar oder mit Naturalien wie Fleisch, Butter, Käse und Getreide. Zur Rückfahrt schlossen sich meist mehrere Boote zusammen, die dann zum Schutz von einem kleinen englischen Kriegsschiff bis in die Nähe der Inseln begleitet wurden.

Von da an waren die Schiffe auf sich allein gestellt. Wiederum im Schutze der Dunkelheit ging die Fahrt zurück zur Küste. Hier warteten sie auf ein Signal von ihren Kumpanen. Danach ging alles blitzschnell. Dies Schiffe wurden entladen und die Schmuggelware in Schuppen, Feldscheunen usw. verstaut. 

Nun kam der zweite Teil der Schmuggelfahrten und der war teilweise noch gefährlicher als der Seeweg. Denn außer den Besatzern hatte man auch Überfälle von der Bevölkerung zu fürchten. Aber die Sache war gut organisiert und so gelangte die Ware zu den binnenländischen Städten und teilweise sogar bis ins Oldenburger- und Münsterland.

Die Schmuggelei nahm damals solche Umfänge an, dass die Vorschriften und Strafen immer mehr verschärft werden mussten. Weitestgehend zum Erliegen kam er jedoch, als Ostfriesland 1810 ein Teil Frankreichs wurde. Denn im Herbst 1810 begannen Douanen und Soldaten auf Befehl des Kaisers Napoleon im Lande nach englischen Waren zu suchen. Diese sollten beschlagnahmt und öffentlich verbrannt werden. Auf einer Liste waren über 100 verschiedene Artikel aufgeführt, die als englische Erzeugnisse galten.

Viele Ostfriesen wurden unruhig, denn fast jeder besaß Gegenstände, die als englische Erzeugnisse gelten konnten. Die Besitzer versteckten diese Dinge in Truhen und Schränken, auf Dachböden, in Schuppen und Ställen. Die Soldaten und Douanen durchsuchten streng und gründlich sämtliche Läden, viele Stadthäuser und Bauernhöfe. Sie beschlagnahmten dabei auch solche Waren, die zwar auf der Liste standen, nicht aber aus englischen, sondern aus deutschen, holländischen oder sogar französischen Fabriken stammten.

Trotz der strengen Bewachung der Küste durch kaiserliche Marine, Polizei, Douanen und Soldaten gab es immer noch heimliche Verbindungen nach Helgoland und mit englischen Schiffen. Deshalb wurden neue Anordnungen erlassen, die den Schmuggel endgültig unterbinden sollten. Jeder, der diese strengen Befehle nicht befolgte und weiterhin schmuggelte, musste von nun an mit der Todesstrafe rechnen.

Die Schmuggelei wurde nun zu gefährlich und weitestgehend eingestellt. Heute erinnern auf einigen Inseln noch Wegbezeichnungen an die Schmugglerzeit wie auf Norderney (Zuckerpad) oder das Pirolatal auf Langeoog. Auch von Bensersiel aus über den "Oldendorper Weg" oder über das "Alte Klostertief" durch Holtgast hindurch über das Hochmoor gelangte Anfangs Schmuggelware nach Aurich, weil der Bensersieler Hafen damals noch unbedeutend und deshalb unbewacht war.

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