Die Holtgaster Heimat-Geschichte |
Bei der Einführung des Schulwesens gab es noch keine echten Lehrer ! (Quelle: Staatsarchiv Aurich, StAA Rep 139 ....) Die Einführung des Schulsystems gestaltete sich anfangs recht schwierig. Denn die Eltern mussten zunächst erst einmal davon überzeugt werden, dass ihre Kinder etwas lernen sollten, was ihnen seit Generationen fremd war. Außerdem hatten sie dafür die Kosten zu tragen. Da die Kinder schon recht früh Aufgaben in der häuslichen Gemeinschaft und auf dem Hof übernehmen mussten, startete man zunächst mit s. g. Winterschulen. Die nächste Hürde, die in der Gemeinde überwunden werden musste, war eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit. Nachdem aber erst einmal der Anfang in den Kirchdörfern gemacht worden war, folgten die umliegenden Dörfer allmählich nach, denn schließlich wollte auch keiner zurück stehen. Wer nun glaubt, dass die Kinder in jener Zeit von Pädagogen ausgebildet worden wären, irrt gewaltig. Die s. g. Lehrer kamen aus allen Bevölkerungsschichten. Sie mussten sich dem Pastor vorstellen und natürlich über gute biblische Kenntnisse verfügen, denn Religion gehörte zu den Hauptfächern. Auch sollten sie der hochdeutschen Sprache mächtig sein und möglichst schreiben und rechnen können. Für den Fall dass die Orgel mal nicht spielte, war auch wichtig, dass sie eine kräftige Stimme hatten und vorsingen konnten. Wenn der Pastor nun glaubte, dass der Kandidat dieser Aufgabe gewachsen sei, konnte er sich bewerben. Dabei war sein Alter nicht von Wichtigkeit und es gab genügend Fälle, da war der "Lehrer" nur wenig älter wie sein ältester Schüler. In den Dörfern und Bauernschaften wurde nun Schulge- meinden gebildet. Die Bauern und Warfsleute die dieser Gemeinschaft angehörten, wählten einen Schulvorstand, der anschließend alle schulischen Dinge regelte. Er handelte auch das Entgelt aus, dass der "Lehrer " für seine Tätigkeit erhalten sollte. Es bestand in der Regel aus einer freien Wohnung, etwas Bargeld, Naturalien und evtl. auch einem Stück Land. Vielfach gab es auch den s, g, "Reihetisch". In diesem Fall wurde der "Lehrer" von den Dorfbewohnern in einer gewissen Reihenfolge beköstigt. Nach Einführung der Schule mussten die Mitgliedern einer Schulgemeinde Schulgeld bezahlen. Es konnte je nach Unterrichtsangebot variieren und bestand meistens aus einem kleinen Grundbetrag für jede Siedlungsstelle sowie einem weiteren Betrag je Kind und Unterrichtsangebot. An dem Beispiel der Schule in Fulkum kann man erkennen, dass diese Beträge äußerst gering waren. Für die Lehrer besonders unangenehm war, dass sie das Schulgeld auch noch selber von den Bauern und Warfsleuten wöchentlich abkassieren mussten. Da es mit der Zahlungsmoral auch damals nicht zum besten stand, musste so schon mancher Weg begangen werden, bis er zu seinem Geld kam. Auch der Reihetisch war nicht beliebt, da es in vielen Haushalten nicht so eng mit der Reinlichkeit genommen wurde. Häufig gab es tagelang die gleiche Mahlzeit und wenn man den Lehrer nicht gut leiden konnte ......? Da die Schulklassen damals vielfach schon sehr voll waren, nahm sich der Lehrer auch Gehilfen, die später selbst ein Lehramt anstrebten. Alles in allem muss festgestellt werden, dass die Lehrer in dieser Zeit eher ärmliche und bedauernswerte Leute waren. Ans Heiraten konnte nicht gedacht werden und die dörfliche Bevölkerung stand dem Lehrertum auf dem Lande oft misstrauisch gegenüber. Da die Schulen in kirchlicher Trägerschaft betrieben wurden, hatte der Pastor die Aufsicht über die Schule und inspizierte diese in regelmäßigen Abständen. Um 1860 wurden dann erste Lehrerseminare angeboten, aber es dauerte noch etliche Jahre bis überall studierte Pädagogen den Unterricht gestalteten. An dem Beispiel von Damsum kann man feststellen, dass die Verweildauer eines Lehrers im Dorf häufig nur kurz war und manchmal sogar zweimal im Jahr gewechselt wurde. Die Gründe dafür waren meist unterschiedliche Bezahlungen in den jeweiligen Dörfern und die Aufgeschlossenheit der Bevölkerung gegenüber dem Amtsinhaber. In späteren Berichten können wir lesen, dass die Lehrer es in dieser Hinsicht in Holtgast auch nicht immer einfach hatten. |