Die Holtgaster Heimat-Geschichte |
Holtgaster und Utgaster rebellierten gegen Fürst Georg-Albrecht wegen dem Verbot zum Verläuten von Toten. (Quelle: Dieser Bericht wurde dem Harlinger Heimatkalender von 1958 entnommen und verkürzt wiedergegeben.) Das Verbot zum Verläuten der Toten durch eine Polizeiverordnung für das Harlingerland von 1711 von Fürst Georg-Albrecht, brachte das Volk in Rage. Denn sie wollten nicht einsehen, dass z. B. bei dem Tod von Würdenträgern geläutet wurde und bei dem gemeinen Volke nicht. In der Verordnung hieß es: "Das zu dem Einlegen der Toten, dem s. g. Hemdkleid, nicht mehr als acht Personen geladen werden dürften und das Verläuten der Toten beim Einlegen gänzlich verboten sein soll." Bei den Begräbnissen sollte von nun an das Läuten durch den Küster und nicht wie bis dahin üblich, von bestellten Männern aus der Nachbarschaft durchgeführt werden. Nachdem am 18. Dezember bereits Bauern aus Hartward den Turm der St. Magnus Kirche bestiegen hatten, um einen Toten zu verläuten, kamen am folgenden Tag die Utgaster um den Tod des Johann Rients auf gleiche Weise kund zu tun. Wie am Vortage wurden die machtlosen Soldaten gerufen, um dies zu verhindern. Unter dem Druck der Volksmenge rückte jedenfalls die fürstliche Miliz wieder ab. Ebenso wie bei den Bensersielern am gleichen Tage. Diesmal besetzten die Milizionäre aber die Stadttore und patrullierten in den Straßen. Dabei wurden sie jedoch ausgelacht und ausgepfiffen. Als am folgenden Tag Holtgaster kamen um einen Toten zu verläuten, hatte zuvor der Küster die Stricke der Glocken entfernt um so das Läuten zu verhindern. Dies hatte sich aber bis nach Holtgast herumgesprochen und die brachten neue Stricke mit. Wieder sollte die Bürgerwehr unter das Gewehr treten. Auf zweimaligen Trommelschlag war aber niemand erschienen und die zahlenmäßig schwache Miliz wurde wiederum von der Volksmenge ausgelacht. Die fürstlichen Beamten waren in Not und forderten Hilfe von Aurich an. Man bat Pastor Schneider damit er dem Volke von der Kanzel aus zur Ruhe ermahnen und ins Gewissen reden sollte. Seine Mahnworte bewirkten aber genau das Gegenteil. Die versammelten Kirchgänger waren an den Vortagen auch bei den Tumulten gewesen und zeigten keine Reue. Einer von ihnen, Meinhard Baumeister stand kopfschüttelnd bei der Hauptpredigt auf und verließ die Kirche. Bei einer darauf folgenden Vernehmung soll er gesagt haben: "Zweimal war ich bei Pastor Schneider in der Predigt, ein drittes Mal komme ich nicht. Die Polizeiverordnung ist mir und meinen Kindern schädlich. Wenn keine Verlöbnisse mehr gefeiert und keine Tröstelbiere gehalten werden dürfen, so haben wir keine Nahrung". An diesem Sonntag war noch während der Predigt eine Abteilung fürstlicher Miliz aus Aurich in die Stadt eingerückt. Die Soldaten besetzten die Tore und postierten sich um die Kirche, um die gefährlichsten Ruhestörer nach dem Kirchgang festzunehmen. Die Bauern und Bürger setzten sich zur Wehr. In einem erbitterten Kampf wurde die Miliz überwältigt. Nach dem Hilferuf des Drosten ließ Georg Albrecht den Hauptmann von Ungern-Sternberg mit weiteren 50 Soldaten nach Esens marschieren. Nachdem der Hauptmann mit seinen Soldaten den Marktplatz besetzten, wurde es ruhig in der Stadt. Viele Rädelsführer wurden verhaftet und auf das fürstliche Haus gebracht. So Johann Theten, Wilke Ernst, Joest Bruns, des Peter Fischbeckens drei Söhne und Meinard Baumeister und am folgenden Tage Jacob Baumeister, Heertke Jürgens, Haycke Ihben und Ihnke Menssen. Sie alle wurden unter Bewachung von sieben Soldaten, teilweise wie Schwerverbrecher gefesselt nach Aurich gebracht und mit großen Geldstrafen zwischen 50 und 100 Goldgulden belegt. Besonders hart traf es Oelrich Fimmen, der für 10 Jahre sowie Fulf Fulfs, Hinrich Kröpelin und Johann Janssen Theten, die auf Lebenszeit des Landes verwiesen wurden. Die Verbannung galt als härteste Strafe. Trotz vieler Ersuchen und Fürbitten von Angehörigen gelang es nicht die Strafen abzuwandeln. |