Die Holtgaster Heimat-Geschichte |
Die ostfriesische Ständeherrlichkeit Quelle: Literaturverzeichnis |
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Nach der Ernennung Ulrichs zum Reichsgrafen von Ostfriesland ging die Zeit der Häuptlinge zu Ende. Sie kamen überwiegend in den Ritterstand und bildeten in Ostfriesland den ersten Stand des Landadels. Der zweite Stand wurde im übrigen Deutschland von der Geistlichkeit gebildet. Durch die Säkularisation waren die Geistlichen in Ostfriesland jedoch weitgehend entmachtet worden und konnten sich bei den gegensätzlichen Glaubensrichtungen auch nicht einheitlich präsentieren. So stieg das Bürgertum aus den Städten ("Inwonere") an die zweite Stelle. Sie wurden durch die gewählten Bürgermeister aus den Städten Emden, Norden und Aurich vertreten. Den dritten Stand bildeten ab 1551 die freien Bauern (Huisluide), die somit auch wieder zur politischen Geltung kamen. |
Dieser Vorgang war einmalig in der damaligen Zeit und erklärt sich wohl noch mit den Privilegien der freien Bauern aus den Zeiten der "Friesischen Freiheit". Im übrigen Deutschland hatten die Bauern bestenfalls ein Petitionsrecht. Ihre Vertreter wurden in den Kirchspielen gewählt. Die Abgeordneten mussten allerdings alle anfallenden Kosten für den Landtag selber tragen. Dadurch gab es bald ein Gefälle zwischen den reichen Marschbauern und den ärmeren Vertretern der Geest. Wahlberechtigt waren nur die "Intressenten" (Hofbesitzer), die so auch ihre Pfarrer wählten. Wie in den früheren Bauernrepubliken, war das Stimmrecht an dem Besitz gebunden. 1516 finden wir erste Anfänge dieser Standesvertretung auf einem Landtag. Im Laufe des 16. Jahrhunderts entwickelte sich diese Vertretung in ihre spätere Form weiter. Da die Stände auf alte Rechtsgarantien aus Zeiten der "Friesischen Freiheit" bestanden, waren Konflikte mit der Landesherrschaft unausweichlich. Sie gipfelten in der Emder Revolution von 1595. In dem "Osterhusischen Akkord" von 1611 wurden danach die Zuständigkeiten des Landtages bezüglich der Finanzverwaltung, der Gesetzgebung und der Rechtsprechung im Lande geregelt. Dadurch wurde die Grafschaft Ostfriesland im Grunde vergleichbar mit einer repräsentativen Demokratie. Im 17. Jahrhundert schickten die Stände bereits eine Vertretung zum Reichshofrat und zum Reichskammergericht in Wien. Dort verlieh ihnen der Kaiser 1678 ein eigenes Wappen. In der folgenden Zeit waren sie die handelnde Kraft im Lande. Dies passte dem Grafen- und späteren Fürstenhaus natürlich nicht und so entstanden viele Streitigkeiten. Zum Schutz gegen Übergriffe der Regenten aus Aurich gewährte der Kaiser den Ständen Schutz. In Greetsiel landete eine preußische Truppe. Nach dem Tode des letzten ostfriesischen Fürsten im Jahr 1744 verlor Ostfriesland seine territoriale Selbstständigkeit. Unter Friederich II von Preußen blieben die Rechte des Landtages aber weitgehend gewahrt. Dies änderte sich erst nach dem das Land auf Befehl von Napoleon im Jahre 1806 durch holländischen Soldaten besetzt wurde. 1808 wurde die Ständevertretung aufgelöst und 1809 trat für das Departement Ost-Ems der Code Napoleon in Kraft. Nachdem Ende der französischen Herrschaft im Jahre 1813 erhielten die Stände 1815 auf dem Wiener Kongress für eine kurze Zeit ihre alten Rechte wieder zurück. Da Ostfriesland danach jedoch in das Königreich Hannover eingegliedert wurde, dauerte es bis 1846 bis Ostfriesland eine neue eingeschränkte Verfassung erhielt. Nach der Reichsgründung im Jahre 1871 mussten die Ostfriesen gänzlich auf eine eigenständige Gesetzgebung verzichten. Hannover war in dem Preußischen Reich nur noch eine Provinz und für Ostfriesland war kein Platz mehr für weitere Eigenständigkeiten. Seitdem ist die Landschaft nur noch eine kulturelle Interessensvertretung.
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