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Die Holtgaster Heimat-Geschichte

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Balthasar war der letzte Häuptling der Attenas im bis dahin freien Harlingerland

Quelle: Literaturverzeichnis


Die Ritterrüstung von Balthasar wird im Bremer Fokke-Museum ausgestellt.

Nach dem Tod von Hero Omken im Jahre 1522, übernahm sein jüngster Sohn Balthasar die Regentschaft. Edzard, der Esens bereits 1512 belagert hatte, nutzte die Gelegenheit und zog 1524 wieder gegen den jungen Junker zu Felde. Lange und hart war die Belagerung. Zuletzt musste sich Balthasar zu einem Vergleich bequemen. Er bekam dabei die gesamten Kriegskosten aufgebrummt und musste sich zur Heeresnachfolge bei Edzard verpflichten. Bündnisse mit auswärtigen Fürsten wurden ihm ebenso wie die Seeräuberei untersagt.

Nach Abzug der gräflichen Truppen dachte Balthasar zunächst nicht daran, diesen Bedingungen in allen Teilen nachzukommen. Er suchte sich vielmehr an „Kauffahrtschiffen“ schadlos zu halten und machte so die Seefahrt wieder unsicher. Daher zog Edzard im folgenden Jahr erneut vor Esens und zwang ihn, seinen Versprechungen nachzukommen.

Man sagt Balthasar nach, dass er Esens im Jahr 1527 die Stadtrechte verlieh. Urkundliche Belege gibt es dafür leider nicht. Da Esens von vielen Geschichts- schreibern sowohl vor als auch nach 1527 als Flecken bezeichnet wurde, gehört die Frage nach der tatsächlichen Verleihung der Stadtrechte zu den interessanten und offenen Fragen des Harlingerlandes.

Die nächsten Jahre verliefen recht friedlich und Balthasar verhielt sich gegen den Grafen loyal. Als man ihm von Jever aus anbot, die dortige Herrschaft zu übernehmen um auf diese Weise der ungeliebten Besetzung des Grafen Edzard zu entkommen, hielt er sich ebenfalls zurück. 

Nach dem Tode von Edzard im Jahre 1528 wurde dessen Sohn Enno II neuer Graf  

von Ostfriesland. Unter der Vermittlung von König Christian II von Dänemark wurde 1529 ein Vergleich geschlossen, in dem die Rechte und Gebietsansprüche der jeweiligen Parteien aus Ostfriesland sowie dem Jever- und Harlingerland geregelt wurden. 

Aber Enno II hatte andere Pläne. Er dachte auch nicht daran, dem Wunsch seines Vaters nachzukommen und die Erbtochter von Edo Wiemken, Maria zu heiraten. Stattdessen ehelichte er die Oldenburger Grafentochter Anna. Dies hat Maria von Jever offenbar nie ganz verwunden und vermachte, weil sie kinderlos blieb, nach ihrem Tode die Herrschaft Jever dem Oldenburger Grafenhaus.

1530 zog Enno ohne ersichtlichen Grund gegen Balthasar von Esens zu Felde. Durch einem überraschenden Überfall wurde als erstes die Burg von Wittmund eingenommen. Dieser Erfolg verleitete ihn, anschließend auch Esens anzugreifen. Beim Kloster Marienkamp schlug er dabei sein Lager auf. Im Laufe der Auseinandersetzungen überfielen in einem Ausfall Balthasars Truppen das Kloster und steckten es in Brand.

Im weiteren Verlauf einer langen und harten  Belagerung musste Balthasar schließlich aufgeben, weil die Vorräte in der Stadt ausgegangen waren.

Graf Enno II diktierte Balthasar nach der Übergabe harte Bedingungen und nahm ihm mit Wittmund, Westerholt, Ochtersum, Dunum und Werdum  einen großen Teil seines einstigen Herrschaftsgebietes.

Balthasar, der vor Enno kniend zu dieser Vertragsunterzeichnung gezwungen worden war, sann auf Rache. Er fand bald eine Gelegenheit als Enno II ihn mit auf eine Reise mit zum Kaiser nehmen wollte.

Hieronimus von Grest schreibt dazu:

Zur kaiserlichen Majestät Graf Enn´ward bestellt,
für die Reise hat er Junker sich auserwählt:
Graf Balthasar wurde mit verschrieben,
drum ist er auch nicht ausgeblieben.
Hat sich gesellt als Untertan,
doch blieb sein Gehorsam nicht lang bestahn:
Als sie auf Fahrt eben war´n gekommen,
hat eine andre Rout´er g´nommen.
Stracks nach dem Rietberg ist er geritten,

da ward er gut aufgenommen und gelitten!

Von seiner Schwester in Rietberg aus gelangte Balthasar an den Hof des Herzogs Karl von Geldern. Hier fand er einen Partner, der ihm sein altes Herrschaftsgebiet zurück beschaffen wollte, wenn er dafür das Harlingerland zum Lehen bekommen würde. So verlor das Harlingerland seine einstige Eigenständigkeit.

In der folgenden "Geldrischen Fehde" ab 1531 nahm Balthasar mit seinen Männern und denen des Herzogs von Geldern grausam Rache für die Demütigungen, die ihm Enno II zuvor zugefügt hatte. So wurde ganz Ostfriesland geplündert und verwüstet. Anfangs wurde die Residenz der Cirksenas und die mächtige Andreaskirche in Norden sowie die Klöster Mariental, Appingen, Sielmönken und Dykhausen in Schutt und Asche gelegt Danach fielen sie auch ins Reiderland ein und eroberten die Coldeborg. Bei der Schlacht von Jemgum erlitten die Ostfriesen ebenfalls eine bittere Niederlage. Danach wurden Leer und Oldersum in Brand gesetzt. Nach der Übergabe der Stammburg der Cirksenas in Greetsiel blieb Enno II schließlich nichts anderes mehr übrig, als Balthasar im Vergleich von Logum, alle früheren Besitztümer zurück zu geben.

Nach den beiden verhängnisvollen Fehlern durch Edzard und später auch durch seinen Sohn brauchte Ostfriesland lange bis die Narben dieser Überfälle verheilten. Enno hatte seine Lektion gelernt und verhielt sich in der Folgezeit neutral.

Nicht aber Balthasar. Bestärkt durch seine Erfolge spitzten sich ab 1537 die Streitigkeiten mit den Bremern zu. Dort gab man Balthasar die Schuld für das Kapern einiger Handelsschiffe. Auch nach einem Vergleich im Jahre 1538 hieß es, dass Balthasar durch Anstiftung des Erzbischofs von Bremen (die Parteinahme des Erzbischofs wurde damit begründet, dass Bremen inzwischen durch die fortschreitende Reformation protestantisch geworden war), weitere Kaperbriefe gegen die Kauffahrtschiffe der Bremer ausstellte. 

Die Bremer brachten in der Nähe der Wesermündung ein Piratenschiff in Ihren Besitz. An Bord befanden sich der Kapitän Franz Beme mit 80 Mann Besatzung, die kurz zuvor ein mit Zucker beladenes Schiff gekapert hatten. Sie waren auf der Heimfahrt, um die Beute dem Auftraggeber Junker Balthasar von Esens auszuhändigen. Die Freibeuter wurden nach einem Gerichtsverfahren allesamt hingerichtet. Darauf hin soll Balthasar drei inhaftierte Bremer ebenfalls hingerichtet haben.

Da über Balthasar bereits am 21. Juni 1538 eine Reichsacht verhängt worden war, nahmen dies die Bremer zum Anlass, ihm ein für alle Mal das Handwerk zu legen. Unerwartete Hilfe erhielten sie dabei von Maria von Jever, die sich an den unbequemen Nachbarn für einige Überfälle rächen wollte.

Im Juli 1540 begann die gemeinsame Belagerung von Esens, und am 8. Oktober 1540 schritt man zur Beschießung mit 24 Kanonen, der die kleine Stadt mit der Burg nicht lange widerstehen konnte. Der inzwischen erkrankte Balthasar starb am 18. Oktober 1540. 

Nach Balthasars Tod wurden die Kampfhandlungen bald eingestellt. Durch Vermittlung des hessischen Landgrafen Philipp wurde 1540 ein Friedensvertrag mit den Bremern geschlossen. Dabei wurde Balthasars Schwester Onna von Rietberg zunächst als Vormund für ihren Sohn Johann als neue Regentin des Harlingerlandes unter der Lehnshoheit der Bremer eingesetzt.

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