Zeitraum: Ab Christi Geburt bis zum Jahr 1200

Dieser Zeitraum liegt für Ostfriesland geschichtlich weitestgehend im Verborgenen 

Auf Plattdeutsch würden wir zu dieser Zeit sagen: "Een Tied van Daag un Düsternis". Um Aussagen zu diesem Zeitraum zu erhalten, ist man entweder auf Ausgrabungen oder auf römische Geschichtsschreiber angewiesen, die damals friesische Gebiete besucht haben.

Als Julius Cäsar das keltische Galizien (heute Frankreich und Belgien) zwischen 58 und 50 v. Chr. eroberte, verschob er dadurch die Grenzen des Römischen Reiches bis zum Rhein. Kaiser Augustus (28 v. Chr. - 14) wollte jedoch die Elbe zur Nordgrenze seines Reiches machen. Um Germanien zu erobern musste er sich auch die Friesen unterwerfen. So kam es zu ersten Kontakten zwischen Friesen und Römern. Aus diesem Grunde tauchte vermutlich auch die Flotte von Germanicus vor "Amisia" (Emden ?) auf.  

In Holtgast gibt es mehrere Anzeichen für eine frühe Besiedlung. 

Nur gut, dass in Holtgast das Bauland knapp geworden war. So fand man 1997 beim Aushub der ersten Baustraßen im Baugebiet "Splitt" Spuren einer Besiedlung mit einer Eisenverarbeitung, die nach Angaben des archäologischen Dienstes der Ostfriesischen Landschaft aus der Zeit zwischen der frühen römischen Kaiserzeit bis ungefähr 300 nach Chr. stammt

Eine weitere Ansiedlung gab es ein paar hundert Meter weiter südlich. Die dortigen Funde in einem Regenrückhaltebecken werden der Zeit der Völkerwanderung zugeordnet. Ein Areal im Baugebiet „Hohe Warf“ soll später noch einmal untersucht werden, weil man dort weitere Siedlungsspuren aus dem 6. bis 7. Jahrhundert vermutet. Außerdem deutet ein Urnenfund aus dieser Zeit auf ein Gräberfeld hin.

Aber auch in den anderen Ortsteilen der heutigen Gemeinde Holtgast beweisen Ausgrabungsfunde eine sehr frühe Besiedlung. Da wurden z. B. an der Straße von Utgast nach Damsum oder in Utgast-Mimstede Hinweise auf Gräberfelder gefunden, die auf weitere Siedlungen schließen lassen. So auch in Nord-Uppum, aber diese Sielung ist späteren Datums.

Trafen im Holtgaster Gemeindegebiet Friesen und  Chauken aufeinander?

In der Zeit als in Holtgast die ersten Spuren einer größeren Siedlung gefunden wurden, waren in diesem Gebiet ebenso wie im übrigen Ostfriesland überwiegend Bewohner des Volksstammes der Chauken ansässig. 

Nun behaupten einige Geschichtsschreiber, dass Esens eine alte Chaukensiedlung gewesen sein soll, weil der Ortsname mit  ...ns wie z. B. auch Margens, Wiesens, Popens oder im Jeverland Cleverns, Ziallerns und Mederns endet. Andere Orte die mit ....um im Ortsnamen enden, sollen dagegen Siedlungsplätze von den Friesen gewesen sein, die den Küstenstreifen der ostfriesischen Halbinsel allmählich für sich beanspruchten. Auch wenn ich diese Theorie zur Vollständigkeit hier wieder gebe, sind mir dafür weder Ausgrabungsbelege noch Hinweise in Geschichtsschreibungen bekannt. Dazu kommt noch, dass wir in alten Karten für Esens Bezeichnungen wie Etzinge, Esinge Esentze usw. finden.

Falls an dieser Theorie doch etwas dran sein sollte, wäre es auf unserem Gemeindegebiet sicherlich zu einem Zusammen- treffen der  Friesen mit den Chauken gekommen, denn Holtgast und Utgast liegen nun einmal zwischen Fulkum, Uppum, Damsum und Siepkwerdum auf der einen, so wie Esens auf der anderen Seite.

Fest steht jedoch, dass die Friesen bei ihrem Vordringen aus den holländischen Regionen in östliche ostfriesische Gebiete, vielfach verlassene Chaukensiedlungen übernommen haben. Dabei bevorzugten die neuen Bewohner überwiegend die küstenahen Gebiete, während die Chauken sich ins Landesinnere sowie in Gebiete bis östlich der Weser zurückzogen um sich dort später mit den Sachsen zu verbinden. Andere haben sich aber auch mit den Friesen arrangiert.

Das Friesische Reich (400-734)

Nach dem allmäligen Untergang des einstigen römischen Reiches bildeten die friesischen Stämme entlang der Nordseeküste ein gemeinsames Territorium und es entstand das s. g. "Friesische Reich". Die Wurzeln dieses Reiches lagen jedoch überwiegend westlich der Ems in den heutigen Niederlanden. Da die Neusiedler dieser Zeit ebenfalls aus diesen Gebieten stammten, gab es ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl.

Aus dieser Zeit werden auch erste Missionierungsversuche bei den Friesen gemeldet. Diese hatten jedoch erst nach Siegen der Franken über die Friesen und dem Tod von König Redbad im Jahre 719 erste Erfolge.

Die Karolingische Zeit 

Nach dem Sieg Karls dem Großen 785 über die Sachsen und Friesen wurde das friesische Reich (vom Sinkfal bis zur Weser) dem fränkischen Reich angegliedert und in Grafschaften aufgeteilt. Die Hoheitsrechte lagen bei den Grafen von Werl und den Grafen von Calvelage-Ravensberg einerseits, und den Billungern, Welfen und Grafen von Oldenburg andererseits. In dieser Zeit wurde auch das Christentum nach Ostfriesland gebracht (Liudger, Willehad). Das Gebiet wurde unter den Bistümern von Münster und Bremen aufgeteilt. Es dauerte allerdings noch über hundert Jahre, bis die Missionare im Harlingerland Missionierungserfolge verbuchen konnten.

Die besiegten Friesen waren anfangs zum Heeresdienst im fränkischen Heer verpflichtet worden. Dort kämpften sie auch erfolgreich an der Seite von Kaiser Karl. Als sich die Die Wikinger- und Normannenüberfällen um 800 aber auch auf friesische Gebiete ausweiteten und erste Sturmfluten große Schäden an der Küste verursachten, verzichtete Karl der Große auf die Heeresfolge der Friesen in seinen Armeen. In der Lex Frisionum (802/803) sicherte er ihnen ihre Stammesrechte und die Gebiete von Vlie bis Lauwers, im Osten zwischen Lauwers und Weser und im Westen zwischen Vlie und Sincfal zu. Dafür mussten sie nun ihre Verteidigung gegen die heidnischen Wikinger selbst organisieren und das Land gegen Sturmflutschäden schützen. 

Das man das Land gegen Eindringlinge schützen konnte, haben die Friesen in der Schlacht bei Norden im Jahre 884 bewiesen, als die Normannen vernichtend geschlagen und das Land von ihnen befreit wurde. Das Land, das Eindringlinge bis dahin besetzt gehalten hatten wurde an die Sieger aufgeteilt. Seither wird das Gebiet von der Theelacht in Norden verpachtet und der Gewinn anteilsmäßig verteilt. Die heute noch bestehende Theelacht ist eine über 1100 Jahre alte Vereinigung.

Gegen die Naturgewalten der Nordsee war man anfangs allerdings nicht so erfolgreich.


Schwere Sturmflut - Bischof Prudentius schrieb, dass die Sturmflut vom 26.12. 838 - 2.437 Menschenleben forderte.


In Ostfriesland wurde bereits in dem Jahr 1000 mit dem Deichbau begonnen 

Im neuen Jahrtausend setzte sich das Christentum im Harlingerland endgültig durch. Es heißt, dass Bischof Unwan aus Bremen die s. g. Heiligen Haine der Friesen niederlegen ließ. Aus dem Holz der Bäume ließ er dann die ersten Kirchen bauen - so möglicherweise auch schon in Fulkum oder anderen Orten der Umgebung. Trotz allem setzte sich die christliche Lehre nur sehr langsam in den dünn besiedelten friesischen Gebieten durch. Aber die neuen kirchlichen Organisations- formen wie Sendgerichtsbezirke oder Kirchspiele spielten von nun an eine wichtige Rolle in dem Zuschnitt künftiger Gemeinschaftsformen.

Diese meist genossenschaftlich geführten Gemeinschaften wagten sich auch an größere Projekte heran. So bauten sich die Bewohner auf den Warfen ihre Wohnplätze und umgaben die umliegenden Ländereien mit kleinen Erdwällen, aus denen später einmal Deiche und ein geschlossener Deichring entstehen sollten.

Aber auch in anderen Gebieten entstanden in dieser Zeit erste kleine Ortschaften oder Ansiedlungen.

Entstehung der Ortschaft Holtgast

Wie schon einmal an anderer Stelle erwähnt, bot die etwas höher gelegene Geest vielen Siedlern des frühen Mittelalters sturmflutsichere Siedlungsplätze. Da das bewirtschafte Gebiet aber nicht so fruchtbar war wie die seenahen Gebiete, gab es noch keine Wohnsiedlungen, in denen sich die Bewohner ein Leben lang aufhalten konnten. So mussten die Wohnplätze über einen Zeitraum von einigen tausend Jahren von der Bronzezeit bis hin zum Mittelalter im 10 Jahrhundert immer wieder verlassen werden, weil die Böden durch die landwirtschaftliche Nutzung ausgelaugt oder die Behausungen durch Witterungseinflüsse abgängig waren.  

Man konnte bei jeder neuen Generation feststellen, dass sie neue „Häuser“ in einem Abstand von einigen hundert Metern zu den alten Siedlungsstätten errichteten. Dies belegen auch die durch Ausgrabungen entdeckten alten Sielungsstellen in unserer Gemeinde, die ebenfalls in einem gewissen Abstand zueinander lagen. Dies kann natürlich Zufall sein aber vielleicht lebten hier damals schon die ersten, späteren sesshaften Holtgaster.

Als die Bewohner im 10. Jahrhundert lernten, dass man die Böden durch Vermischen der Erd - Plaggen mit Tierdung auch längerfristig fruchtbar gestalten konnte (Plaggenwirtschaft), bildete sich auf der "Gaste" von Holtgast der wohl älteste Teil einer von nun an ortsgebundenen Ansiedlung. Dies war der Bereich, der sich heute vom südlichen "Brandshoff" bis in den Ortsteil Loog erstreckt. Auf den Gemarkungen "Hooge Warf" sowie "Olle Esch" wurden von den umliegenden Bewohnern gemeinschaftlich Felder angelegt, die ihnen von nun an die Lebensgrundlage für den Ackerbau boten, während die Viehzucht auf den umliegenden freien Gemeindeflächen betrieben wurde.

Nach den Untersuchungsergebnissen der Archäologen der Ostfriesischen Landschaft sind alle Ortschaften, die in  ihrem Namen die Bezeichnung "um" (für Heim), "gast" (Hinweis auf die Gaste) oder "kamp" tragen, zumindest dem 10. Jahrhundert zuzuordnen. Somit kann festgestellt werden, dass die auf dem Gemeindegebiet liegenden Ortschaften Damsum, Fulkum, Holtgast, Siepkwerdum, Uppum und Utgast in ihrem Ursprung alle am Anfang einer dauerhaften Besiedlung des hiesigen Raumes entstanden sind.


Schwere Sturmflut - Bei der Julianenflut v. 17.2.1164 starben angeblich 20.000 Menschen. Das Wasser soll bis zu 12 Meilen ins Festland eingedrungen sein. Dabei sind auch der Jadebusen und die Leybucht entstanden.  


Zum Ende des 12. Jahrhunderts entstanden in Ostfriesland viele Kirchen und Klöster.

Im Stader Copiar von 1420 finden wir schon frühzeitige Aufzeichnungen über das Kirchenwesen im Harlingerland. In diesem Zusammenhang taucht auch die Ortsbezeichnung von Stedesdorf 1137 erstmalig auf. Die dortige Kirche gilt als älteste ihrer Art im Harlingerland. Doch hier wie auch in anderen Orten gab es zunächst Vorgängerkirchen, die aus Holz gebaut wurden.

Zudem gab es im zu Ende gehenden Jahrhundert und in der folgenden Zeit eine wahre Flut von Klostergründungen in Ostfriesland. Viele sind urkundlich belegt, andere wiederum nicht. So soll in der Zeit zwischen 1190 bis 1200 auch das Kloster Marienkamp zwischen Esens und Holtgast sowie das Vorwerk Pansath bei Utgast durch Mönche des Benediktinerordens gegründet worden sein. In der Benediktinerzeit finden wir für Marienkamp zunächst die Bezeichnung "Etzingerfelde" bzw. "Kloster to Etzinge".

Fortsetzung 1201 bis 1400