In der langen Geschichte unseres Universums ist die Zeit in der wir heute leben nur ein kurzer Moment, den wir so sinnvoll wie möglich gestalten sollten . . . 

Bedenke,

auf unserer Erde gibt es zwei extreme Zeiträume die ein Leben in weiten Teilen der nördlichen und südlichen Erdhälften entweder weitestgehend verhindern oder aber uneingeschränkt ermöglichen. In einem zeitlichen Abstand von rund einhunderttausend Jahren finden abwechselnd Eiszeiten (Glazial) oder Warmzeiten (Interglazial) statt.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass dies mit den Gravitationskräften (Verhältnis der Anziehungs- bzw. Fliehkräfte der Erde zu Mond und Sonne) zu tun hat. Sie bestimmen die elliptische Form der Erdumlaufbahn. Die Ausdehnung der Eisgletscher auf der nördlichen und südlichen Erdhälfte wird aber vor allem durch die Sommersonnenbestrahlung, mittlerweile aber auch durch die Umweltbelastung beeinflusst. Dabei kann passieren, dass z. B. das mitteleuropäische Gebiet sowohl von den Alpen her als auch von der Arktis mit Gletschern überzogen wird. 

Aber keine Sorge, die derzeitige Warmzeitperiode befindet sich noch in der Anfangsphase.

Die der Menschheit bekannten Eiszeiten wurden nach Flüssen benannt, die einen Hinweis auf die Ausdehnung der damaligen Eisschilde gaben. Wir beziehen uns auf die letzten beiden, die unseren Lebensraum wesentlich beeinflusst haben.

Die Saale-Eiszeit / Frühe Steinzeit

Vor rund zweihunderttausend Jahren war es in dem heutigen Ostfriesland lausig kalt und ein Leben unmöglich, weil riesige Eismassen aus Skandinavien, die teilweise über hundert Meter dick waren, das Land über tausende von Jahren überdeckten.

Diese Gletscher haben sich damals bis in die Gegend des Flusses Saale (fließt durch Halle und Magdeburg) hervorgearbeitet. Als das Eis in den Sommermonaten der Folgezeit allmählich abschmolz, bahnte sich das Schmelzwasser tiefe Rinnen zum Meer hin, die später einmal Flusstäler werden sollten. Nachdem sich das Land im Laufe von vielen tausend Jahren vom Eis befreite, blieb eine teils hügelige und teils flache, sandige Landschaft zurück, die später als norddeutsche Tiefebene bezeichnet wurde. Die ostfriesische Halbinsel ist ein Teil davon.

Bei den sandigen Gebieten sprechen wir bei uns auch von der Geest. In Mulden bildeten sich darauf vielfach Moore, wenn die Feuchtigkeit nicht abfließen konnte und an der Küste bzw. in Flusstälern wurde der sandige Urboden bei steigendem Wasserspiegel gebietsweise mit Sedimenten (tonhaltige Ablagerungen der Nordsee) überdeckt, aus dem sich später die fruchtbare Marsch entwickelte.

Die Weichsel-Eiszeit

war mit einer Dauer von rund 50.000 Jahren verhältnismäßig kurz. Die skandinavischen Gletscher erreichten im Norden diesmal nur das heutige Gebiet von Schleswig-Holstein (Holsteinische Schweiz) und im Osten die Weichsel. Die Absenkung des Meeresspiegels betrug durch die Eisbildung allerdings weit über 100 m. Dies führte z. B. dazu, dass große Teile der Nordsee, des Mittelmeeres oder auch die Behringstraße zwischen Russland und Amerika trocken fielen. Die Ostsee war in damals komplett eingefroren. 

Auch wenn Ostfriesland diesmal keine Gletscher abbekam gab es hier wenig Grund zur Freude. Die Landschaft wurde von dieser neuerlichen Eiszeit mitgeformt und geprägt. In der norddeutschen Tundra wuchs bei der herrschenden Kälte kaum etwas außer Moosen und Flechten und so entstand damals der größte Teil der norddeutschen Hochmoore.

Diese Eiszeit endete vor rund 10.000 Jahren. Danach führten steigende Temperaturen und die dadurch abtauenden Gletscher wieder zu einem Anstieg des Meeresspiegels. Für viele kaum vorstellbar aber trotzdem war ist, das sich durch dies Tau- und Regenwasser auf dem Meeresboden vor allem in Küstennähe zeitweilig auch große Niedermoorflächen bildeten, denn der Anstieg des Wassers vollzog sich nur sehr langsam. Später wurden die Moore durch Salzwasser zurückgedrängt und durch die Gezeiten überschlickt. Die alten Torfschichten werden "Dark" genannt.

In der Endphase dieser Eiszeit bildete sich damals auch das Wattenmeer. Es dehnt sich inzwischen an der Nordsee von der Rheinmündung entlang der niederländischen, deutschen und dänischen Küste aus. Dabei handelt es sich um eine einzigartige Naturlandschaft mit Wattenflächen, Prielen und einer angepassten Flora und Fauna. Das Wattengebiet ist durch den flachen Abfall des Meeresbodens zu den Nordseeinseln hin entstanden. Die damit verbundene relativ geringe Fließgeschwindigkeit des Wassers während der Gezeiten ermöglicht so, dass sich die vom Meer mitgeführte Sedimente in den Ebbephasen auf dem Boden absetzen können.

Der Anstieg des Wasserpegels nach der letzten Eiszeit endete erst im frühen Mittelalter. Im Jahre "Null" erreichte die Nordsee bei Hochwasser schon zeitweilig die heutige Küstenlinie.

Die ersten Bewohner 

unserer Gegend führten ein sehr freies Leben. Sie mussten keine Schulen besuchen und kannten auch keine Zeiterfassung bei der Arbeit. Diese Freiheit musste natürlich mit dem Verzicht auf die vielen Annehmlichkeiten heutiger Tage bezahlt werden.

Funde von Speerspitzen, Zinken und Klingenkratzern aus Feuerstein belegen, dass sie damals ihren Lebensunterhalt mit der Jagd z. B. auf Mammute und Rentiere bestritten. Sie waren jedoch in ihrer Lebensweise von diesen Tieren abhängig. Deshalb zogen sie als Nomaden durch das Land und bezogen alles was sie zum täglichen Leben brauchten (Kleidung, Nahrung, Werkzeug und Haushaltsgegenstände), von diesen Tieren und der freien Natur.

Untersuchungen des archäologischen Dienstes der ostfriesischen Landschaft von Feuerstellen aus dieser Zeit ergaben, dass die Sammler und Jäger seit fast zehntausend Jahren unsere Gegend aufsuchten.

In der Jungsteinzeit zwischen 4.000 und 2.000 v. Chr. vollzog sich dann allmählich ein Wandel von der Gemeinschaft der Jäger und Sammler hin zu einer landwirtschaftlich orientierten Gesellschaft. Nach Möglichkeit siedelten die Menschen in kleinen Gemeinschaften, bauten erstmals Nutzpflanzen an und hielten sich Haustiere und Vieh.

Die Ursprünge der Friesen

Die Ur-Friesen gehörten einer nordgermanischen Gruppe an, die sich im Süden Skandinaviens, Dänemarks und in der Weser-Oder- Region niedergelassen hatten. Ab 1400 v. Chr. breiteten sich diese Germanen auch weiter in Richtung Südeuropa aus. Dabei teilten sie sich um 800 v. Chr. in verschiedene Gruppen auf. Im Norden verblieben die Skandinavier. Im Osten siedelten sich Goten und Vandalen an und die West-Germanen bevölkerten am Ende der Bronzezeit (700 v. Chr.) u. a. Gebiete des heutigen Niedersachsens und der Niederlande.

Die westgermanische Gruppe teilte sich wiederum in drei Volksstämme auf. Dies waren die Ingwäonen, Istwäonen und Hermionen. Die Friesen gehörten zu den Ingwäonen. Die Bezeichnung Ingwäonen wird von dem heidnischen Gott Inguz abgeleitet. Inguz wurde auch als Freyr bezeichnet. Es ist sehr gut möglich, dass sich daraus schon eine Namensverbindung zu den Friesen ergab. Am meisten verbreitet ist jedoch die Annahme, dass Freya (Frija) die Namensstifterin der Friesen ist. In der nordischen Mythologie heißt Freya „Frau”, „Herrin”, Freyja, Frea. Sie ist die schöne Göttin der Fruchtbarkeit, des Frühlings, des Glücks und der Liebe. Eine weitere Möglichkeit ist, dass der Volksstamm der Friesen (Fries = Rand) seinen Namen für "die am Meeresrand lebenden" erhielt.

Das Stammesgebiet der Friesen (äußerliches Merkmal – länglicher Schädel, schmales Gesicht), die um 200 vor Chr. schon über eine eigene Kultur verfügten, war identisch mit dem nördlichen Teil der heutigen Niederlande. Denn es reichte entlang der Nordseeküste von der Ems im Osten bis an den Rhein im Westen. In dieser Zeit bewohnte der Volksstamm der Hermionen dem ostfriesischen Teil zwischen Ems und Weser. Man nannte diese von den Falen abstammende Volksgruppe auch Chauken. Ihr äußerliches Merkmal war ein länglicher Schädel mit einem breiten Gesicht.

Bevor es nun zu Vergleichen bzw. Streit darüber kommt, wer zu welcher Volksgruppe gehören könnte sei gesagt, dass sich die Friesen mit den Chauken dieser Gegend vor rund tausendfünfhundert Jahren zu einer einheitlichen Rasse vermischt haben. Teilweise verließen die Ureinwohner aber auch diese Gegend um sich östlich der Weser mit den Sachsen zu verbinden.

Die Besiedlung von Ostfriesland

Die Gegend, die später einmal Ostfriesland heißen sollte, bestand aus einem sehr fruchtbaren Küstensteifen und Flusstälern, höher gelegenen Geestbereichen sowie einem großen Anteil an Mooren und Sümpfen.

Davon wurden anfangs hauptsächlich die meeres- und flussnah gelegenen Bereiche besiedelt, denn neben dem fruchtbaren Land herrschte dort auch ein großer Fischreichtum. Dumm war nur, dass der Wasserspiegel der Nordsee nach der letzten Eiszeit immer noch leicht anstieg und die Bewohner ab 500 v. Chr.

Die Gegend, die später einmal Ostfriesland heißen sollte, bestand aus einem sehr fruchtbaren Küstensteifen und Flusstälern, höher gelegenen Geestbereichen sowie einem großen Anteil an Mooren und Sümpfen.

Davon wurden anfangs hauptsächlich die meeres- und flussnah gelegenen Bereiche besiedelt, denn neben dem fruchtbaren Land herrschte dort auch ein großer Fischreichtum. Dumm war nur, dass der Wasserspiegel der Nordsee nach der letzten Eiszeit immer noch leicht anstieg und die Bewohner ab 500 v. Chr. hin und wieder bei den Stürmen im Herbst und Frühjahr nasse Füße bekamen.

Daraufhin sahen sie sich nach neuen Siedlungsplätzen um, die entweder etwas höher auf der Geest gelegen waren oder sie bauten sich kleine Erdhügel, s. g. Warften mit denen sie ihre Behausungen und das Vieh gegen Überflutungen zu schützen suchten. Aber die ersten größeren Sturmfluten verbreiteten bei ihnen Angst und Schrecken und so zogen sie sich ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. über einen langen Zeitraum ganz aus den Marschgebieten der unmittelbaren Nordseeküste zurück.

Wann und wie entstand eigentlich Holtgast?  

Nachdem in der Zeit um 200 v. Chr. die damaligen Bewohner die Meeresküste verlassen hatten, mussten die Sippenältesten abwägen, wo sich die Gruppen künftig niederlassen wollten. Dabei bot der Bereich der heutigen Gemeinde Holtgast besonders viele Vorteile. Denn dieses Land lag und liegt auf dem nordwestlichen Ende des oldenburgisch-ostfriesischen Geestrückens, der hier langsam unter die jüngeren Marschenablagerungen der Nordsee abtaucht.

Dieser Geestrücken ist zwar sehr flach und nur mit leicht welligen Relief ausgebildet, erreicht in Holtgast aber immer noch eine Höhe von bis zu 4,70 m über NN und macht so den Ort weitestgehend sturmflutsicher. Diese Aussage gilt für Fulkum und Utgast mit etwa 3 m über NN nur noch bedingt.

Was die ersten Bewohnern der damaligen Zeit wohl weniger interessierte, aber für die spätere Generationen und für die weitere Entwicklung des Ortes von Bedeutung war ist die Tatsache, dass der Geestrücken auf Lauenburger Ton der Eemzeit, Geschiebemergel und fluviatilem Sand der Saalekaltzeit sowie Flugsand aus der Weichselkaltzeit aufgebaut ist. 

Der Lauenburger Ton wurde später an verschiedene Stellen als Ziegeleirohstoff zunächst im Feldbranntverfahren und später in der Holtgaster Ziegelei abgebaut. Zur späteren Kultivierung der Länderein wurde auch Mergel eingesetzt, wie zahlreiche Mergelkuhlen im südlichen Gemeindegebiet beweisen

Am Südrand wird Holtgast hinter einem bewaldeten Geestsporn durch die Talmulde des Hartsgaster Tiefs mit einer Höhe von etwa 1 m über NN  begrenzt. Hier waren und sind Niedermoorbildungen zu finden, die in weiten Teilen durch Brack- marschablagerungen überdeckt wurden. Am Ostrand der Senke hatten sich zeitweise auch Hochmoorbildungen über dem Niedermoor ausgebreitet, aber das ist schon lange her. Bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurden das restliche Niedermoor noch durch Bewohner des Ortes für Befeuerungszwecke abgebaut.

Im Westen und Norden taucht die Geestoberfläche dann langsam unter Organomarschbildungen ab, aus der nur einzelne Geestkuppen wie z. B. in Uppum, Damsum und Siepkwerdum durchragen. Sie wurden in aller Regel aber durch warftartige künstliche Erhöhungen überdeckt.  

Die Marschenablagerungen im heutigen Gemeindegebiet sind überwiegend Brackmarschablagerungen über Niedermoor und fluviatilem Sand der Kaltzeiten. Jüngere Marschenbildungen sind nur nördlich des alten Seedeiches im Westerburer Polder zu finden.  

In der Marsch findet man vom Geestrand bis zum Deich alle Übergänge vom Niedermoor über die Organomarsch bis zur Brackmarsch. Je nach Qualität und Wasserhaushalt werden die Böden heute als Ackerland oder als Grünland genutzt.

Nun aber zurück zu den Urbewohnern dieses Gebietes. Für sie war damals vor allem wichtig, dass der Geestrücken Schutz vor Überflutungen bot. Außerdem war die Gegend leicht zu finden, denn ein bewaldetes Gebiet in unmittelbarer Nähe zur Küste und im Zentrum der ostfriesischen Halbinsel war in einer Zeit, in der die Windkonverter der Windparks das Landschaftsbild noch nicht beherrschten und hohe Kirchtürme den Seefahrern auch noch nicht den Weg in die Heimat zeigen konnten, eine unverwechselbare Gegebenheit.

Hier gab es auch einige Wasserläufe (s. g. Tiefs), die mit der nahen Nordsee verbunden waren, so dass man nicht einmal auf den lieb gewonnenen Fischfang verzichten musste. Dazu lieferten die Gehölze geeignete Materialien für den Bau kleiner Hütten und dort gab es mancherlei Früchte und Beeren, die den täglichen Speiseplan bereicherten.

Die Moor- und Sumpfgebiete hinter dem Wald schützten den Lebensraum von Süden her gegen unliebsame Eindringlinge und es konnte sogar Torf gewonnen werden, denn die hervorragenden Brenneigenschaften von getrockneten Torfstücken wurden damals schon entdeckt.  

Die Besonderheit der Lage des Gebietes auf dem sich heute u. a. Holtgast befindet, war damals den Bewohnern der ganzen Region bekannt. Denn in den Gehölzen die später einmal zum Schafhauser Wald aufgeforstet wurden, hat sich mit großer Sicherheit bis weit über die Zeit der Christianisierung der Friesen hinaus, eine heidnische Kult- und Versammlungs- stätte befunden. Dies wird dadurch untermauert, dass das Fließgewässer mit der heutigen Bezeichnung "Benser Tief" bis zum 18. Jahrhundert die Bezeichnung "The" führte. Nach Hajo van Lengen (Das Harlingerland in der ostfriesischen Geschichte - Vortragsmanuskript S.2) ist "The" gleichbedeutend mit "Thing". Auch die Gaubezeichnung "Herloga" für den diesen Teil des Harlingerlandes in Zeiten der "Friesischen Freiheit" wird auf dies Gelände zurückgeführt, weil "Herlo" ein Ort war, wo man sich zu Versammlungen traf. Diese Kultstätte gab dem heutigen Harlingerland seinen Namen, denn dieser ist nicht wie vielfach angenommen auf die "Harle" sondern auf "Herlo" bzw. "Herloga" sowie "Herlingen" zurück zu führen.

Doch nun zur Namensbildung.

Seit jeher wurden Ländereien und Siedlungsgebiete nach landschaftlichen oder sonstigen besonderen Gegebenheiten benannt. In Holtgast ging man bisher davon aus, dass der nahe Wald und die Bodenart Geest für die Namensgebung verantwortlich waren, aber diese Annahme ist nicht ganz richtig. Denn der Schafhauser Wald der die Gemeinde umgibt, wurde erst um 1860 auf der "Gemeinen Weide" der Domäne Schafhaus angelegt und die 2. Silbe "gast" kommt von "Gaste" und dies ist eine besondere Bodenform der Geest.

Deshalb möchte ich auf den Namen noch etwas gründlicher eingehen. Im Harlingerland gibt es zwei besonders markante Landstreifen. Dies sind "Seriem" nordöstlich und "Holtriem" südwestlich von Esens. In dem flachen der Nordsee zugewandtem Seriem gab es eine Reihe von Wohnplätzen auf der fuchtbaren Marsch in Seenähe. Holtriem ist dagegen ein Landstrich auf einem weniger fruchtbaren Geestrücken mit Sand-, Moor- und Sumpfböden. In diesem Gebiert zwischen Westerholt / Nenndorf im Südwesten und Holtgast im Norden gab es früher viel freies Land, s. g. "Gemeine Weiden". Auf diesen Weiden wuchs das, was sich dort am besten durchsetzen konnte. So bildete sich vor allem ein mit verschiedenen Baumsorten bewachsenes Heidegebiet mit einer Anzahl von natürlichen Gehölzen, an dem sich die Wohnplätze anreihten - daher der Name "Holtriem".

Auch wenn sich Holtgast (die Bezeichnung bis ins 19. Jahrhundert lautete Holtgaste) inzwischen zum näher gelegenen Esens orientiert hat, gehörte es noch bis ins 19. Jahrhundert zur Vogtei Holtriem. Dieses Gebiet wurde im Alten Amt Esens auch Sandstrich genannt. Bei uns gab es ebenfalls "Gemeine Weiden" mit den oben beschriebenen Eigenschaften, die bis zum "Wold" reichten. Die erste Silbe "Holt" des Ortsnamens ist also von den Gehölzen auf diesen Weiden abzuleiten. Die 2. Silbe "gast" kommt von Gaste und dies ist eine Bodenform der Geest, die im oldenburgischen auch "Esch" genannt wird. Diese Bodenform entstand allmählich nach der "Saale- und Weichsel- Kaltzeit" durch Flugsand, welches  sich auf dem Geschiebemergel der Gletscher ablagerte. Dieser Mergel ist wasserundurchlässig und sorgte dafür, dass die Sandablagerungen nach Niederschlägen feucht und liegen blieben. So wuchs die Sandablage mit der Zeit auf eine Schichtdicke zwischen 0,5 bis 1,5 Meter an. Die Gaste die sich hier ausgebreitet hat reicht von Holtgast über Hartsgast nach Utgast und gilt als fruchtbarer Ackerboden, der sich auch verhältnismäßig leicht bearbeiten lässt. Diese Gaste war zwar besiedelt aber es gab anfangs noch keine festen Wohnplätze, so dass Holtgast bzw. Holtgaste zunächst als eine Gebietsbezeichnung im nördlichen Holtriem anzusehen ist. Die Ortschaft entstand nach Aussagen des archäologischen Dienstes aus Aurich im Mittelalter zwischen dem 9. und 10. Jahrhundert.

Die Römische Kaiserzeit

Es ist den Römern und dem Expansionsstreben des römischen Reiches zu verdanken, dass es neben den Funden der Archäologen auch einige schriftliche Überlieferungen aus dieser Zeit gibt. Durch eine Erkundungsfahrt des Drusus im Jahre 12 v. Chr. wurde z. B. bekannt, dass der germanische Volksstamm der Ingwäonen das Gebiet um die südliche Nordseeküste bewohnte. Um Betumersiel, einem Ortsteil einer namensverwandten Gemeinde Holtgaste am Westufer der Ems in der Nähe von Leer (zwischen Jemgum und Bingum), wurden einige Ausrüstungsgegenstände gefunden, die auf eine damalige Anwesenheit des römischen Militärs hindeuten.

Plinius der Ältere, römischer Offizier und Schriftsteller, schreibt über die friesischen Küstenbewohner in der Zeit um die Geburt Christi:

"Eine Gegend von der es zweifelhaft ist, ob sie zum Land oder zum Meer gehört. Dort bewohnt ein beklagenswertes Volk hohe Erdhügel, die mit Händen nach Maßgabe der höchsten Flut errichtet sind; in den so erbauten Hütten gleichen sie Seefahrern, wenn das Wasser das umliegende Land bedeckt, Schiffbrüchigen, wenn es zurückgetreten ist; auf die zugleich mit dem Meere zurückweichenden Fische machen sie um ihre Hütten herum Jagd. Es ist ihnen nicht vergönnt, Vieh zu haben, sich von Milch zu nähren wie ihre Nachbarn, ja nicht einmal mit wilden Tieren zu kämpfen, da jegliches Buschwerk fehlt. Aus Schilfgras und Binsen flechten sie Stricke, um Netze für die Fische daraus zu fertigen, und indem sie den mit den Händen ergriffenen Schlamm (Torf aus dem Moor) mehr am Winde als an der Sonne trocknen, erwärmen sie ihre Speisen und die vom Nordwind erstarrten Glieder durch Erde. Zum Trinken dient nur Regenwasser, das im Vorhof des Hauses in Gruben gesammelt wird."

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